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Freitag, 1. März 2013

Abgetaucht

Ich weiß, ich werde vermisst, deshalb versuche ich jetzt in Worte zu fassen, was mich in den letzten Wochen beschäftigt hat. Das fällt mir nicht leicht, da mir die Worte irgendwo in den Tiefen des Labyrinths von kindlichen Verstrickungen und alten Glaubensmustern abhanden gekommen sind. In dieses bin ich nämlich abgetaucht, um die Fäden zu entwirren, habe sehr viel nachgedacht, gelesen und noch immer ist mir nicht nach leichtem Geplauder oder Internetablenkungen. Anlaß dazu war eine Reaktion meiner Mutter, die mich ziemlich schockiert hat, aber eigentlich vorhersehbar war. Doch durch die Erkenntnisse, die ich zusammen mit der Psychologin bereits gewonnen hatte, ist mir die Absurdität und Ignoranz dieser Haltung erstmals bewußt geworden, was mir dann irgendwie die Sprache verschlagen hat, während ich es als Kind immer auf mich bezogen habe, was auch die Ursache dafür war, daß ich mit meiner Mutter über gewisse Dinge generell nicht geredet habe und letzten Endes auf der emotionalen Ebene vieles mit mir allein ausgemacht habe. Die Psychologin schlug erst einmal die Hände über dem Kopf zusammen und sagte mir ganz klar, daß meine Mutter auf einer bestimmten Ebene für mich kein Ansprechpartner sei, sie mich auch niemals richtig wahrnehmen oder sehen können würde, da sie selbst zu sehr in ihre Muster verstrickt wäre, im Grunde eine Bestätigung dessen, was ich schon gespürt und gedacht habe, aber nachdem sie mir das so gesagt hat, ist es leichter für mich, meiner Wahrnehmung wirklich zu glauben. Nach der Beschäftigung mit dem Erbe der Kriegskinder-Generation und dem Wissen, daß Traumata bis in die vierte Generation weitergegeben werden können, ist das Verhalten immerhin verständlicher, trotzdem mir einiges noch immer Rätsel aufgibt. Beim Termin am Montag schmiegte sich die Psychologin an mich wie ein Kind, während ich sie tröstete und streichelte. Wenn jemand in das Zimmer gekommen wäre, der hätte wahrscheinlich geglaubt, ich therapiere die Psychologin, aber nein, sie war nur die Stellvertreterin für meine Mutter beim Stellen, während sie versuchte, Kontakt zu ihr aufzunehmen. Ich wünschte, mit mir würde jemand mal so etwas machen, aber nun ist mir klar, warum ich anscheinend als Kind bereits irgendwann beschloß, keine Kinder haben zu wollen, wo ich doch schon zwei große bedürftige Kinder bzw. Elternteile am Hals hatte, emotional und mit meiner Hochsensibilität allein gelassen und völlig überfordert war. Während sich meine Mutter gerne bei mir über ihr anstrengendes, aufopferungsvolles Leben und ihren schlimmen Ehemann ausheulte, hatte ich niemanden. Auch ist mir als Kind schon immer klar gewesen, daß ich lieber unabhängig bleibe, als '50 Jahre Krieg' zu führen, wie meine Mutter sich zur Goldenen Hochzeit ausdrückte. Mein Bruder sieht das anscheinend genauso, denn sogar nach 15 Jahren, hat er es noch nicht geschafft, mit seiner Freundin zusammenzuziehen, obwohl sie gerne möchte. Und ich würde es ganz genauso machen. Ich wollte diese kontrollierenden Beziehungsmuster, die bei meinen Eltern wie die Faust aufs Auge zusammenpaßten, nie leben, doch anscheinend ziehe ich, durch meine eigene Bedürftigkeit oder so, Menschen an, die genau diese Glaubens- und Beziehungsmuster vertreten, vielleicht suche ich sie mir auch selbst aus, wer weiß. Das ist natürlich eine völlig aussichtslose Sache, da zum einen ständig alte Gefühle und Verletzungen reaktiviert werden und ich mir zum anderen der Strategien zu bewußt bin und immer war (obwohl ich vorher nicht wußte, daß es dafür einen Fachausdruck gibt) , um mich blindlings in solch ein Muster hineinziehen zu lassen. Ich habe weder Lust, jemandem Verantwortung für sich selbst abzunehmen, noch sie mir abnehmen zu lassen. Da mir die Arbeit mit dem inneren Kind, wie mir die Psychologin es gezeigt hat, bereits in einigen Situationen erfolgreich geholfen hat, legte ich mir "Das Arbeitsbuch zur Aussöhnung mit dem inneren Kind" zu und bin gerade intensiv dabei, mich mit meinem inneren Kind zu beschäftigen. Und mein inneres Kind braucht, wie es scheint, viel Aufmerksamkeit, die es lange entbehrte.



Beim Termin am Montag stellte ich fest, daß nur eine Straßenbahnstation von der Praxis entfernt ein Bio-Supermarkt existiert. Ich bin gleich mal hinein und habe mich mit einigen Dingen eingedeckt, denn leider ist der Lidl bei mir in der Nähe von einem Tag zum anderen ausgezogen. Der hatte zumindest ein kleines Bio-Sortiment. Zwei große Wünsche für meine Wohnumgebung hätte ich: Der erste wäre, daß die endlich den Hauptstadtflughafen fertigkriegen und ich die Flugzeuge los bin, der zweite, daß in meiner Nähe ein Bio-Supermarkt eröffnet. Zwar sind die Aussichten auch für den zweiten Wunsch nicht sehr groß und daran zu glauben ist vielleicht vermessen, aber da die ehemalige Lidlhalle jetzt leer steht, könnte mit sehr sehr viel Glück dieser Wunsch doch in Erfüllung gehen. Drückt mir die Daumen, daß sich dort ein Bio-Markt niederläßt.