Alien
Es ist eine neuere Version von  AlienInsideTwoday  verfügbar!  Aktualisieren  Jetzt nicht!
© 2018-2023 NeonWilderness

Sonntag, 28. August 2016

Geisterstunde

Nein, Geisterstunde ist eigentlich noch nicht, könnte man aber meinen, denn gerade hat sich meine Schreibtischklemmleuchte, die einen Berührungssensor zum Einschalten in drei Stufen hat, völlig von alleine eingeschaltet. Ich saß zwar einen Meter entfernt, habe aber nichts angefaßt. Draußen zucken andauernd grelle Blitze, jedoch ohne ein richtiges Gewitter. Es ist immer noch schwülwarm. Deshalb vermute ich, es hat etwas mit der Elektrizität in der Luft zu tun. Aber gruselig ist das schon. Hatte ich bisher auch noch nicht, zumindest nicht bewußt mitbekommen. Wenn ich nicht im Zimmer bin und dann die Lampe an ist, denke ich nur, ich war mal wieder zu faul, sie auszumachen. Hach ja, Blitze, Donner, sich selbständig machende Lampen und heute Nachmittag hat irgendeiner von meinen Nachbarn die ganze Zeit gekotzt und gestöhnt (eher wenig lustvoll). Zumindest hat es sich so angehört, ich dachte schon bei mir, so viel kann man eigentlich gar nicht kotzen. Was für eine kuschelig düstere Edgar-Wallace-Gedenk-Atmosphäre! Das neue Erlebniswohnen.

...

"Unter der Magie der tausend Worte Charmain Kittredges, die täglich auf ihn eindrangen, beginnt es aus ihm zu reden wie eine fünftrangige Marie Corelli. Behext von Charmains angelesenem Stil, antwortet er mit ihrem eigenen purpurrot blühenden Schwulst aus dem neunzehnten Jahrhundert, wogegen er von seiner ersten Zeile an revolutionär gekämpft hatte; in einem überschwenglich-schaumigen Stil, von dem er nie wieder ganz genesen sollte und an dem manches seiner Bücher krankt. Jack, im "Briefwechsel zwischen Kempton und Wace" (Anmerk.: in Zusammenarbeit mit Anna Strunsky) der Widerpart sentimentaler und poetischer Liebe und Verfechter der Theorie, Liebe sei nichts als ein biologischer Zwang, wird mit einem Male "Gottes wahnsinnig Liebender, der an einem Kusse stirbt". Hätte ihm Anna Strunsky über die Schultern blicken und sehen können, wie er seine Stellung so völlig gewechselt hatte, sie hätte sich vielleicht die Ironie nicht versagen können und mit dem Finger auf diesen seinen Satz gewiesen: "Ohne eine erotische Literatur könnte der Mensch unmöglich so lieben, wie er es tut."
(aus "Zur See und im Sattel. Jack London - ein Leben wie ein Roman" von Irving Stone)