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Donnerstag, 22. Dezember 2016

Vorweihnachtliche Kriegszustände und fragwürdige Sicherheit

Mir geht es zwar nicht gut, aber keine Sorge, ich lebe noch. Wenn ich gerade etwas schweigsam bin, liegt das daran, daß ich mich gerade lieber in Selbstmitleid suhle, denn mich hat zum zweiten Mal in diesem Jahr die Nasenpest erwischt. Zusammen mit der Ohrentzündung im ersten Halbjahr ist das eine wirklich stolze Bilanz. So viel Pipi-Krankheits-Kram hatte ich in den letzten zehn Jahren nicht zusammen. Und das alles, seit ich Sport mache. Aber gut, wenn ich dafür von den wirklich schlimmen Seuchen verschont bleibe, will ich mal nicht meckern. Darf ich das überhaupt? In der Nacht auf Mittwoch hatte ich über 38 Grad Fieber, aber da ich mich tagsüber besser fühlte, bin ich trotzdem zum Zumba gegangen. Ich habe die Stunde auch ganz gut überstanden, es war nicht so anstrengend wie beim letzten Mal, aber sofort, als das Tanzen vorüber war, fror ich unglaublich, so daß ich sogar vor Kälte gezittert habe. Sowas hatte ich noch nie nach dem Zumba, daß mir hinterher in der warmen Halle kalt ist und das trotz Schal, den ich die ganze Zeit um hatte. Das zeigt schon, daß mit meinen Thermostaten gerade etwas nicht in Ordnung sein kann. Und außerdem bekam ich noch Kopfschmerzen dazu. War wohl doch etwas zu viel. Nach dem Zumba ging es deshalb gleich unter die heiße Dusche und glücklicherweise hatte ich mir zu Wochenanfang einen großen Topf Chili sin Carne gemacht, das ich nur heiß machen mußte. Und danach gleich ins Bett.

Nun ist ja die Vorweihnachtszeit sowieso immer ein bißchen mit den Vorbereitungen für einen Kriegszustand vergleichbar. Ich habe rechtzeitig so viel eingekauft, daß ich locker drei Wochen lang nicht mehr einkaufen gehen müßte. Und am Abend bekomme ich eine der letzten Kochzauber-Veggie-Boxen. Da mit mir gerade nicht viel anzufangen ist, liege ich herum und blättere in Magazinen, wie zum Beispiel dem kostenlosen Food-Magazin, das bei Edeka ausliegt. Darin wird gezeigt, wie man einen Weihnachtsbaum aus einer Klopapierrolle basteln kann. Ok, im Magazin ist es kein Klopapier, aber der Weihnachtsbaum sieht ganz so aus, als könne man ihn gut aus Klopapier basteln. Wobei ich ja die Weihnachtsbaum-Variante als Poster, welches man mit Kugeln schmückt, recht raffiniert finde. Nur blöd, daß man dann für die Kugeln die Wand löchern muß. Außer man zieht den Weihnachtsbaum auf einer Holzplatte auf, aber dann kann man sich auch gleich einen richtigen Weihnachtsbaum hinstellen. Und eigentlich geht es doch gar nicht nur um das Bild eines Weihnachtsbaumes, sondern hauptsächlich, zumindest für mich, um den Duft von Wald, der damit in die Wohnung kommt. Ist der Duft nicht mit dabei, interessiert mich der Rest eher wenig. Anders als noch im November hatte ich im Dezember doch keine Lust mehr auf einen Baum. Die komische Vorweihnachtszeit hat mir Weihnachten etwas verleidet. Ich hätte zwar diesmal noch einen kleineren Baum finden können, aber irgendwie hat mich keiner angesprochen. Deshalb nehme ich mit einer Pinie im Topf Vorlieb und rieche im Moment sowie nichts.

Am Montag und Dienstag blätterte ich natürlich nicht nur in Magazinen, sondern verfolgte die Ereignisse in Berlin und die Pressekonferenzen im Fernsehen. Mitbekommen habe ich von dem Anschlag erst etwas, als ich über facebook Sicherheitsanfragen erhielt. Erst wunderte ich mich, was das schon wieder ist und hielt es für etwas ähnlich Sinnbefreites wie Anstubsen. Darauf fand ich dann die Live-News. Besonders fragwürdig finde ich die neue Sicherheit, die durch Polizisten in Schutzwesten und mit Maschinengewehren gewährleistet werden soll. Und es wundert mich, daß dies anscheinend niemand hinterfragt und für völlig richtig und normal hält. Schutzwesten ok, aber Maschinengewehre? Also ich fühle mich dadurch eher weniger sicher als sicherer, egal ob diese nun staatlich verordnet sind oder nicht. Jeder der eine bei sich trägt, ist auch nur ein Mensch und kann überwältigt werden, ob nun gut ausgebildet oder nicht. Je mehr Maschinengewehre, um so mehr potentielle Waffen für weitere Anschläge und Angreifer stehen unmittelbar mit der richtigen Strategie zur Verfügung. Und wogegen sollen Maschinengewehre bitte schön helfen? Im Prinzip sind sie doch nur eine ohnmächtige Form der Abschreckung. Aber wen schrecken sie ab? Einen Selbstmordattentäter? Wohl kaum. Helfen sie gegen Lastwagen oder Flugzeuge in einer Menschenmenge? Sicher nicht. Aber mich schrecken sie ab. Mit Maschinengewehren in der Nähe will bei mir einfach keine Weihnachtsstimmung aufkommen. Sorry, tut mir leid. Vom Prinzip her ist es zwar richtig, wenn man die Bevölkerung aufruft, sich nicht wegen solcher Aktionen im täglichen Leben beeinträchtigen zu lassen, aber eben nur im Prinzip. In der Praxis war Trotz schon immer ein schlechter Ratgeber, wenn er nicht mit einer klugen und wirkungsvollen Strategie gepaart ist, die tatsächlich Sicherheit vermittelt und schafft. Und die sehe ich hier nicht. Für einigermaßen wirkungsvoll halte ich nur die Betonabperrungen, aber eben auch nur in bestimmten Situationen und gegen Anschläge mit Lastwagen. Das bedeutet, man muß dann hoffen, daß die Attentäter nicht besonders kreativ sind und ihnen nichts anderes einfällt, aber leider ist es immer wieder erstaunlich, welche Kreativität Menschen entwickeln, um andere zu töten.

Weihnachtsbaum