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Fiktion vs. Wirklichkeit

Geschichte ist auch so eine kleine Leidenschaft von mir, der ich aber nicht besonders wissenschaftlich fröne, sondern mehr in der Form, daß ich mich gerne von Geschichtsdokus berieseln lasse. Inzwischen gibt es ja diese sehr realistisch gestalteten Dokus, in welchen viele Szenen durch Schauspieler nachgestellt werden. Oft wirken diese allerdings etwas hölzern, man merkt irgendwie, daß für Geschichtsdokus eher Schauspielanfänger engagiert werden. Daran habe ich mich schon gewöhnt. Die seltsame Szene, die ich dagegen gestern sah, war doch ziemlich albern: Zwei Kriegervölker treten zu einer Schlacht an. Die einen jagen auf ihren Pferden auf die anderen zu und diese wiederum lassen einen Pfeilehagel auf die Herangaloppierenden niederprasseln. Diese reagieren, indem sie stehenbleiben und staunend ihren Kopf in den Himmel recken, um die heranschwirrenden Pfeile zu hypnotisieren (und es war kein Volk, das Pfeile nur vom Hörensagen kannte). Ich sitze belustigt auf dem Sofa und denke bei mir: "Ja, klar. Genauso werden sie es gemacht haben. Stehenbleiben und sich richtig schön groß machen, um ein gutes Ziel abzugeben!" Also ich für meinen Teil würde mich in solch einem Fall tief mit dem Gesicht nach unten ducken, um so wenig Fläche wie möglich zu zeigen, und die Geschwindigkeit beschleunigen, um die Pfeile hinter mir zu lassen. Und ich bin mir ziemlich sicher, daß sie es damals vermutlich genauso gemacht haben, denn sie waren zwar für unsere Verhältnisse Wilde, aber ganz sicher nicht blöd. Manchmal können selbst Geschichtsdokus etwas mehr Phantasie gebrauchen und damit meine ich nicht im Sinne von Verdrehung irgendwelcher Tatsachen, wobei vieles, was wir über das Leben früher zu wissen meinen, ja eh nur Vermutungen sind, die auf bestimmten Indizien und Interpretationen beruhen, sondern eher Phantasie als die Fähigkeit, sich in die Menschen von damals wirklich hineinzuversetzen.

Später dagegen wurde ich mit reiner Fiktion in einem Film konfrontiert, die für mich schon einmal echte Wirklichkeit gewesen ist, wenn auch unter anderen Umständen. Das betrifft immer Filme, in welchen einem Helden, in dessen Schulter eine Kugel steckt, diese ohne Betäubung an einem Lagerfeuer herausoperiert wird, oder noch besser - er sie sich selbst aus der Schulter entfernt. Meistens beißt er dann todesmutig auf irgendetwas herum und betäubt sich mit Alkohol, der praktischerweise gleich zum Desinfizieren geeignet ist. Ich muß bei solchen Filmen nämlich sofort an meine Port-Op denken, als ich mitten beim Herumschneiden aufwachte, mich ein Chinese, der gerade in meiner Schulter herumfuhrwerkte, erschrocken ansah und sich vorstellte mit den Worten: "Ich bin Dr. Zun Wan Was Weiß Ich und ich befestige gerade den Port in ihrer Vene." Eine Antwort sparte ich mir, indem ich bereits bevor er mit seiner Erklärung geendet hatte, losschrie vor Schmerzen. Man schob mir dann ebenfalls irgendetwas in den Mund. Und ich kann mich an den Rest gar nicht mehr erinnern, obwohl ich eigentlich wach war. Ok, es war jetzt eher sehr unromantisch in einem grünen OP-Saal und nicht am Lagerfeuer, es war auch nicht mit einem rostigen Messer und es gab keinen Alkohol zur Betäubung - aber ich weiß ganz genau wie es sich anfühlt! Dazu brauche ich keine Phantasie mehr.

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