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Krebsdiäten und mehr

Gut, da sich Leser inzwischen beschweren, daß es bei mir nur noch Zitate gebloggt werden, schreibe ich eben mal wieder darüber, was mich zur Zeit neben Bücherlesen beschäftigt. Da wären ein eskalierender Konflikt mit meiner Mutter, der mich zu neuen Betrachtungen über die Unart des Nichtzuhörens und des penetranten Aufdrückens der eigenen Lebensweise und Vorstellungen auf das Leben anderer anregt. Eventuell folgt noch ein Beitrag dazu oder auch nicht. Dann ist da die nächste bevorstehende Chemo, die zu denkbar schlechten kosmischen und biorhythmischen Bedingungen stattfindet, so daß mir jetzt bereits besonders vor der darauf folgenden Nacht angst und bange ist. Die erste Nacht danach, die halb schlaflos auf der Couch stattfindet, da ich immer an die Leute denke, die im Schlaf an Erbrochenem erstickt sind, weshalb ich kaum wage viel zu schlafen, ist sowieso immer die schlimmste. Die beim nächsten Termin wird wahrscheinlich noch extra speziell. Aber versuche das mal einem Arzt zu erklären. Ich bin mir nicht mal sicher, ob die jemals etwas von Biorhythmus gehört haben. Und wenn man mit Astrologie kommt, denken sie wahrscheinlich, man hat einen Schatten. Also hoffe ich einfach, daß es bei den normalen Unannehmlichkeiten bleibt und nicht wirklich schwerwiegende Komplikationen eintreten. Und dann sind da die Krebsdiäten. Ich glaube, es gibt kaum eine Krankheit, die so weitreichend mit Ernährung in Verbindung gebracht wird. Schon früher habe ich ständig von Nahrungsmitteln gelesen, die angeblich jeder Krebszelle das Garaus machen und mich gewundert, warum trotzdem so viele Leute Krebs bekommen, wenn es doch so einfach ist. Auch ich habe zum Beispiel viel Himbeeren und Broccoli gegessen, esse ich immer noch, allerdings nicht deshalb, sondern weil es mir schmeckt. Und wenn man erkrankt ist, bekommt man schnell jede Menge guter Ratschläge vor allem von Nichtmedizinern. Nun habe ich in den letzten Wochen gegoogelt und recherchiert, um der Sache auf den Grund zu gehen und kam zu folgender Erkenntnis:

- fettreiche Ernährung verursacht Brustkrebs
( http://forum.logi-methode.de/index.php?page=Thread&threadID=6768 )
- eiweißreiche Ernährung verursacht Brustkrebs
( http://forum.logi-methode.de/index.php?page=Thread&threadID=7073 )
- zuviel "schnelle Kohlenhydrate" verursachen Brustkrebs
( http://forum.logi-methode.de/index.php?page=Thread&threadID=9233 )

Es gibt diverse fleisch- und milchproduktelose Diäten, bei denen ich mich aber frage, wo das Vit. D herkommen soll, dessen Mangel neuerdings ebenfalls neben Nachtschichten und Lichtverschmutzung als Verursacher von Krebs gehandelt wird.
Das Komische ist, daß ich Leute kenne, die sich vor ihrer Krebserkrankung super gesund ernährt haben, z. B. eine ehemalige Kollegin. Diese war eine regelrechte Gemüse- und Salatefanatikerin und hat Zucker oder Weißmehl überhaupt nicht angerührt, sowie regelmäßig Fastenkuren gemacht. Hat ihr aber nicht geholfen. Soviel ist allerdings wahr, wenn ich nichts mehr esse, dann sterbe ich nicht an Krebs. Ich glaube, da bleibe ich lieber bei meiner Strategie alles in Maßen und so naturbelassen wie möglich zu essen, falls man bei dioxinverseuchten Eiern und pestizidbelastetem Gemüse davon noch reden kann.

Etwas, das mich weiterhin wundert, ist die völlig vorbehaltlose Begeisterung von Naturheilpraktikern für Einläufe. Für diverse Diäten wird ja oft als Argument die Evolution des Menschen von seinen Anfängen aufgeführt (die Urmenschen, bzw. Primaten hätten z.B. zuerst nur pflanzliche Nahrung zu sich genommen usw.), daher frage ich mich, ob es auch irgendwelche archäologische und anthropologische Erkenntnisse darüber gibt, daß die Urmenschen ihren Kaffee mit dem Darm zu sich genommen haben...

Auffällig ist dagegen, daß viele Krebspatienten mit denen ich gesprochen habe, oft vor der Erkrankung sehr stapaziöse bis hin traumatische Zeiten erlebt haben. Obige Kollegin zum Beispiel hatte drei Jahre zuvor ihren Sohn verloren, der schizophren gewesen ist und sich aus dem Fenster gestürzt hat. In einem Buch über Brustkrebs, das irgendwann einmal in meine Hände gelangt ist, las ich, daß es so etwas wie eine Krebspersönlichkeit gibt, die vom Zweifel am Sinn des Lebens gekennzeichnet ist. Zumindest ich fühle mich da ertappt, denn in den letzten drei Jahren, vielleicht auch in den letzten fünf, jedenfalls während des jahrelangen Leidens meines Vaters vor seinem Tod und den beginnenden permanenten eigenen Schmerzen, die eine permanente Überforderung nach sich zogen, mit dem Gefühl, im gesellschaftlich üblichen hektischen Tagesablauf nicht mehr mithalten zu können, ist mir irgendwo mein Lebenswille abhanden gekommen. Seltsamerweise wird man nie von jemandem danach gefragt. Doch man spürt sehr genau, daß die Krankheit danach fragt. Sie fragt: "Was willst du? Entscheide dich. Jeder Weg steht dir offen." Vielleicht ist Krebs zu einem Teil tatsächlich auch eine Sinnerkrankung, mit einer spirituellen Komponente. Das würde erklären, warum er sich in heutiger Zeit genauso seuchenartig ausbreitet wie der Esoterikmarkt boomt. Und das würde auch erklären, warum selbst Psychologen da nicht unbedingt helfen können (obige Kollegin ist regelmäßig zum Psychologen gegangen). Wenn Weltbilder sich um 180 Grad drehen, braucht es mehr als nur Trauerarbeit. Mir ist nicht nur der Lebenswille abhanden gekommen, sondern mit ihm auch Vertrauen. Durch verschiedene Ereignisse Vertrauen in die Menschen, aber noch viel mehr das Vertrauen in eine höhere Macht. Nicht in der Art, daß ich nicht mehr an deren Existenz glaube, denn das Vorhandensein derselbigen spüre ich weiterhin. Sondern mehr darin, daß sie es tatsächlich so gut mit uns meint, wie man gerne eingeredet bekommt, und nicht etwa gehässig und grausam ist. Es ist schwer, Lebenswillen zu mobilisieren, wenn man von chronischen Schmerzen geplagt wird, die durch die Chemo eher noch schlimmer werden, aber von Ärzten anscheinend als Lapalie betrachtet werden, da ja nicht lebensbedrohlich. Wenn ich an eine Zukunft denke, in der ich den Krebs besiegt habe, sehe ich gleichzeitig eine Zukunft, in der alles so weiter geht wie in den letzten zwei Jahren. Und dann frage ich mich, wozu ich mir das mit der Chemo überhaupt antue. Es wäre einfacher, wenn man etwas hätte, worauf man sich freuen könnte. In dem Monat, in welchem der Krebs rasant gewachsen sein muß bevor ich ihn bemerkte, September 2010, wurde ich von Zukunftsängsten geradezu aufgefressen. Und doch kam es, zumindest vorläufig, ganz anders. Wenn mich jetzt die Schmerzen zu schwarzen Gedanken um meine Zukunft verleiten (und tatsächlich tun dies die Schmerzen mehr als der Krebs - ich hätte es selbst kaum geglaubt), verbiete ich mir diese. Es wäre doch widersinnig die Gegenwart mit Sorgen um meine Zukunft zu verbringen, wenn niemand weiß, was passieren wird und ich in drei Jahren vielleicht schon tot bin. Manchmal wundere ich mich selbst darüber, wie pragmatisch ich in gewissen Situationen sein kann. Und nach all diesem fragt mich niemand. Nicht einmal die engsten Angehörigen wissen und wollen wissen, was in mir vorgeht. Es dreht sich alles um das K und niemanden interessiert es, was dahinter steht oder daneben vorgeht. Man bekommt gesagt, man solle stark sein und durchhalten, aber niemand fragt, ob man das wirklich möchte und einen Sinn darin sieht. Vielleicht weil ein "Ich weiß nicht." auch den Lebenssinn des Fragers einer Justierung unterwerfen würde. Es ist wie beim Arzt, wo meistens nur an einzelnen Symptomen herumgedoktert wird, den Lieblingssymptomen, während andere unter den Tisch fallen gelassen werden, weil es bequemer ist und ein Gesamtbild überfordert. Aber hier schreibe ich es und fordere heraus - aber hoffentlich nicht zu guten Ratschlägen und Durchhalteparolen, sondern zum Nachdenken.
creature - Do, 16:30

sehr gut, wirklich.
das sind fragen die das zentrum treffen, den "motor" des lebens.
einfach so in den tag hineinzuleben ohne sinn, nur ein organismus der isst, sich entleert und fortpflanzt kanns ja wohl nicht sein!

Chutzpe - Do, 16:42

Die Krebspersönlichkeit lässt sich sogar per Gentest nachweisen - wie mir eine ehemalige Arbeitskollegin mal erzählt hat - wohl jedoch nicht jeder Krebs.

Da ich glaube, dass vor allem Krebs einen psychischen Ursprung hat, glaube ich nicht daran, dass irgendwelche Befolgung von Richtlinien den, davor bewahrt, der dafür prädestiniert ist etc. pp

Deine Mutter kann froh sein, dass sie nicht meine Mutter ist.

Ich glaube

mit Krebspersönlichkeit war in dem Buch mehr ein psychisches Persönlichkeitsprofil gemeint, aber es stimmt, gerade bei Brustkrebs kann man manchmal auch eine genetische Veranlagung nachweisen. In den USA ist es ja sogar Mode geworden, daß Frauen ihre Gene untersuchen und ggf. ihre Brüste vorbeugend amputieren lassen.
Den letzten Satz glaub ich gerne.;o)
Chutzpe - Do, 22:27

Dem psychischen Aspekt stimme ich ja eh zu.

Ja ich weiss - die Kollegin hat das auch mit ihrer Familie alles abklären lassen, ich wollte sowas nicht wissen.
Das fand ich bei Alyssah Milano (oder wie heisst die schon wieder) so schlimm, kaum die Diagnose - zack - die Brüste weg und im Vornherein finde ich extrem doof - doch die Mentalität der Amis muss ich ja nicht verstehen.

Ich weiss, dass du weisst... ;-)
chillingmind - Do, 22:17

wie vom schlag getroffen lese ich gerade bei dir von der seelischen belastung als ursache. und die gedanken beginnen zu kreisen und so vieles scheint ein wenig mehr sinn zu ergeben.
erschreckend...

Ich habe

keinen Schimmer, ob die seelische Belastung Ursache war und ist. Auszuschließen ist es nicht. Aber es macht alles schwieriger.

Wie sieht

es bei dir aus? Glaubst du, daß bei dir auch seelische Aspekte im Spiel sind? (Habe gerade in deinem Blog gestöbert.)
chillingmind - Do, 22:44

das ist genau das, was mir im moment durch den kopf geht. vom zeitraum her würde es einfach ZU gut passen. aber will im grunde ja nicht nach einem "schuldigen" suchen.
(tatsächlich ist mir aber in 2007 etwas passiert , woraus nachgewiesenermaßen 2008 mein erster tumor entstanden war. das waren aber physische einflüsse, keine psychischen.)

die seelische belastung der letzten 2 jahre war wirklich nicht ohne und ich habe zugegebenermaßen mehr als einmal überlegt, ob ein einzelnes leben so etwas verkraften kann. vielleicht bin ich gerade deshalb ein wenig empfänglicher für diese möglichkeit der verursachung...

Eine Schuld

ist ja nicht dasselbe wie eine Ursache. Und nach einer Ursache zu forschen ist sicher wichtig. Hattest du 2008 schon einmal ein Chemo?
chillingmind - Do, 22:55

hmm - stimmt. schuld wäre im jetzigen fall auch sehr ungerecht.

ja. aber nicht so umfangreich wie jetzt.
das war ein abzugrenzender tumor, der einfach entfernt wurde und sicherheitshalber ein zyklus nachgereicht wurde.
das lymphsystem dieses mal kann man aber halt nicht so einfach rausnehmen. daher bin ich nun im 6. zyklus...

Alles Gute

und viel Glück!
chillingmind - Do, 23:11

das wünsch ich dir auch, wirklich und von herzen.
Muschel - Do, 22:50

Stress, psychische Belastung und reichlich Strapazen - das traf auch bei mir zu. Ich glaube, was noch hinzu kam, war: ich habe damals keine Rücksicht darauf genommen und gemeint, ich müsse trotz der Veränderungen, die ich mal so mit links wuppen wollte, "normal" funktionieren. Und habe mich voll übernommen. Überhaupt: jetzt weiß ich, dass ich weit weniger belastbar war und bin, als ich mir damals vorgemacht hatte (von wegen dem "schönen" Selbstbild und so).

Chutzpe - Do, 22:54

Und wieder ein Danke an die dämliche Gesellschaft - es wird einem ja überalls so suggeriert:

- man kann noch lange, wenn man nicht mehr kann
- wer nicht mehr kann, ist ein Versager
- wer wirklich will, kann
- etc. etc.

Anstatt, dass man endlich wieder auf seinen Körper hören dürfte.

Bei mir

ist es weniger das Selbstbild, als daß ich andere nicht enttäuschen will, Aber man bekommt ja auch kaum eine Chance, regulierend einzugreifen, damit nicht die totale Katastrophe eintritt. Arbeitszeitverkürzung und Geldverzicht wird halt abgelehnt und entweder man hält durch oder man macht richtig schlapp. Lieber würde ich es aber nicht so weit kommen lassen, zumal es ja auf Kosten meiner Gesundheit geht und nicht der der anderen.
Wanja (Gast) - Fr, 01:07

Über solche und ähnlich Sinnfragen

denke ich schon sehr lange nach. Vielleicht fehlt zu häufig der Mut radikale Veränderungen im Leben vorzunehmen.
Das Risiko aus dem gewohnten oder gewöhnlichen Lebenskonzept auszubrechen mag zu groß erscheinen.
Aber was könnte schlimmer sein, als keine oder zu wenig Quellen der Lebensfreude zu finden?

Lena (Gast) - Fr, 10:09

Sinnfragen

Liebe zuckerwattewolkenmond,

Du wirfst da gerade zum Schluss sehr sehr interessante Fragen auf.
Sinnfragen begleiten mich schon seit ca. 10 (oder mehr) Jahren (und ich bin ja doch eigentlich noch jung) und es gab Zeiten, als ich absolut keinen gesehen habe und Zeiten, in denen ich dachte: wenn mir jetzt etwas Lebensgefährliches passiert, dann kämpfe ich nicht gegen den Tod an - denn das Leben war doch ein einziger Kampf und sich einfach so ohne das eigene Zutun dem Tod ergeben zu können einer Erlösung gleich.
Heute geht es mir glücklicherweise besser und ich würde in einer solchen Situation anders entscheiden. Aber ich denke immer noch, dass sich gerade in so einer absolut entscheidenden Situation herausstellt, wie sehr man wirklich an diesem Leben hängt, wie man dazu steht, wie sehr man es behalten möchte. Bei den allermeisten ist es wohl so, dass sie erst dann erkennen, wie sehr sie doch am Leben hängen (und falls sie überleben, verändern sie ihr ganzes Leben, man kennt das ja aus Filmen) und dass du nun gerade zu erkennen scheinst, dass dir der Lebenswille eigentlich fehlt, finde ich ganz ehrlich richtig erschütternd (obwohl ich es natürlich auch nachvollziehen kann ... aber vielleicht ist es gerade deswegen so erschütternd).
Ich würde dir gerne sagen können, dass du sicher bald einen Sinn findest, etwas, worauf du dich freuen kannst, etwas, das dich kämpfen lässt - aber wie soll man das wissen (ich glaube auch nicht mehr an diese wohlmeinende höhere Macht)? So ist also das einzige Argument, das ich vorzutragen habe: Man kann eben nicht wissen, was das Leben noch bringt und vielleicht wartet ja noch das Glück auf dich. Du musst selbst entscheiden, ob dir allein diese Möglichkeit es wert ist, zu kämpfen. Aber die Möglichkeit besteht, ganz sicher.

Liebe Grüße und von Herzen alles Gute,
Lena

Hallo Lena,

daß es mit meinem Lebenswillen nicht so rosig ausieht, erkenne ich nicht erst jetzt, das wußte ich bereits als es begann. Nur hätte ich nie vermutet, daß dies so folgenreich für mich werden und ich so direkt vor die Wahl gestellt werden würde. Denn eigentlich hatte ich mir vorgestellt, ich würde einfach so weiterleben, von Tag zu Tag, Woche zu Woche usw. , so wie es wahrscheinlich zich tausende andere Menschen tun, die aber auch nicht so genau wissen, warum überhaupt, und mit der Gewißheit, daß das Leben ein grausames Miststück ist. ;o)

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