Er hatte gelernt, neben den Tag zu treten. Wohin auch immer er damit gelangte, der Ort besaß seine eigene gewaltige, unverständliche Geschichte, seine Gefahren und Ekstasen, sein Potenzial für unverhoffte Romanzen und frühe Beerdigungen, doch wenn Lew dort war, konnte offenbar niemand in Chicago sich ganz sicher sein, wo er sich aufhielt. Es war nicht direkt Unsichtbarkeit. Sondern Woanderssein.
(aus "Gegen den Tag" von Thomas Pynchon)
"Der Mensch hat neben dem Trieb der Fortpflanzung und dem, zu essen und zu trinken, zwei Leidenschaften: Krach zu machen und nicht zuzuhören."
(Kurt Tucholsky)
Eigentlich würde ich diesen Ausspruch gerne durch eine dritte Leidenschaft erweitern:
"Der Mensch hat neben dem Trieb der Fortpflanzung und dem, zu essen und zu trinken, drei Leidenschaften: Krach zu machen, nicht zuzuhören und die Luft zu verpesten."
kein Unrecht tun, aber manchmal sind mir die Gedichte von Ch. Morgenstern lieber.
Die Nachtigall erzählt
"Gestern sah ich aus der Linde
einem Mägdlein in sein Buch.
Golden war der Blätter Rinde
und der Einband blaues Tuch.
'Der Geliebten!' stand emphatisch
vorn in Arabeskenschrift,
und der Sänger sang ekstatisch
von der Liebe Rausch und Gift.
Fünf mal Fünfundzwanzig Seiten
und kein echter Laut und Hall -
doch dafür in jedem zweiten
Liede ich, die Nachtigall.
'Schluchzend', 'jubelnd', 'klagend', 'lachend',
wie's grad dem Herrn zu paß. -
Leutchen, schlechte Verse machend,
wißt ihr, ich verbitt mir das!...
Und ich schlug in meiner Linde
dunkelgrünem Zauberschloß,
daß dem jungen schönen Kinde
heiß das Blut zu Herzen schoß.
Seine Hand sah ich es pressen
auf die Augen, tränennaß...
Und das Büchlein glitt, vergessen,
nieder in das hohe Gras."
Es regnete. Es regnete so lange, bis Gras und Wege blankgewaschen waren und die Pfützen sich in richtige Seen verwandelt hatten. Auf den Pfützen bildeten sich glänzende Regenbläschen und erloschen wieder. Nicht jeder weiß, dass in diesen Bläschen Regenmännlein auf dem Wasser schwimmen. Peter wußte es.
"Sie verlöschen so schnell, daß man das Regenmännlein nicht immer erblicken kann. aber manchmal sieht man es." Peter schaute sich nach dem Tigerchen um, das neben ihm herlief, denn es fürchtete sich nicht vor dem Regen.....
....Peter war sicher, dass die Regenmännlein sie sahen.
"Sie kennen auch unseren Tiger, und er kennt sie. Komm, Tigerchen, ich will dir etwas sagen." Peter flüsterte ihm etwas ins Ohr und das Tigerchen begriff sofort.
Eines der Bläschen, es glich den übrigen, war aber wohl etwas größer, blieb plötzlich stehen, schwamm näher an den Rand der Pfütze heran und wuchs und wuchs wie eine Seifenblase. Und dann war es wie ein durchsichtiger, gläserner Kahn. Im Kahn stand das Regenmännlein mit einem riesigen Hut und mit einer Pelerine. Es verneigte sich, und Peter und Kati warteten, was es ihnen sagen würde, aber es sang nur leise vor sich hin, so wie der Regen manchmal singt:
"Regenmännlein heiße ich.
Es fährt mein Wunderkahn
euch brave Kinder alle
ins Traumland wundersam."
Sie stiegen ein, und der Kahn schwankte nicht einmal, obwohl er aussah, als wäre er aus dünnem Glas gemacht. Tymonek (der Tiger, bzw. Kater) war als erster hineingesprungen.
Sie fuhren, fuhren lange im rauschenden Regen, und das Regenmännlein pfiff leise vor sich hin, flüsterte und sang ein Lied, und das klang und tönte wie der Regen in der Dachrinne an einem frühen Sommermorgen, wenn man noch schläft...
....Peter fragte das Regenmännlein nicht mehr, wohin sie fuhren, denn sie erblickten gerade das Regenschloß. Sie erkannten es sofort: Es war grün wie Wasser, durchsichtig wie der Regen. In der Nähe rauschte ein Bach, und an seinem Ufer troff von den Zweigen der Trauerweiden und Hängebirken der Regen. Doch es war gar nicht traurig und langweilig in diesem Regenland, denn in allen Dachrinnen klang und tönte es wie ein großes Orchester, Springbrunnen plätscherten, und in den Springbrunnen hüpften Regenmännlein, die wiegten sich auf den Wasserfäden und kreischten vergnügt....
....Wie hurtig die Regenmännlein am Werke waren - selber ganz blau, grün, lila von dem Regenbogen, den sie gerade webten, wirkten und glätteten! Die bunten Fäden, Bänder und Streifen flogen nur so durch die Luft, und auch der Boden war damit bedeckt....
....Die Regenmännlein sangen bei ihrem fröhlichen Schaffen...
...."Der Sonnenschein wartet", wiederholte das Regenmännlein im Kahn die letzten Worte des Liedes. " Kommt, ich öffne euch das Tor."
Hinterm Tor rauschte der Regen nicht mehr, die Springbrunnen waren verstummt, nur ein letzter feiner Regen wisperte noch zum Abschied und klopfte gegen den Regenschirm. Die bunten Vögel auf dem Schirm hatten nasse, blankgewaschene Federn.
Kati schloß den Regenschirm. Am Griff hing ein buntes Bändchen.
"Das war vorhin nicht da, wie kommt es hierher?"
"Ein Regenmännlein wird es zum Andenken um den Griff geschlungen haben, das ist doch klar", sagte Peter.
Am Himmel leuchtete ein herrlicher, breiter Regenbogen...
...Auf der großen Pfütze waren schon alle Bläschen erloschen. Nein, nicht alle: Eines entfernte sich eilig, kleiner und kleiner werdend. Darin stand das Regenmännlein und winkte mit seinem großen Hut.
(gekürzt - aus "Das Haus unter den Kastanien" von Helena Bechlerowa)
Die Kaiserin Wu war von der Frage gefesselt, wie wohl die wesenhafte Einheit der Dinge mit der scheinbaren Vielfalt des Lebens zu vereinbaren sei. Sie ersuchte Fa-tsang, dies auf einfache, praktische Weise zu veranschaulichen. Fa-tsang stellte in einem leeren Raum des Palasts acht Spiegel in den acht Richtungen der Windrose auf. Einen weiteren Spiegel legte er auf den Boden, und einen befestigte er an der Decke. In die Raummitte hängte er eine Kerze und bat die Kaiserin herein. Dann zündete er die Kerze an, und der Raum erstrahlte im Glanz der gespiegelten Lichter. Die Schönheit des Anblicks erfüllte die Kaiserin mit ehrfürchtigem Staunen. "Seht ihr, Majestät", sagte Fa-tsang, "das ist das Eine und die Vielen."
(aus "Weisheit des Zen" von Timothy Freke)
Einst wollte ein Meister gerade zu einer Darlegung anheben, als ein Vogel zu singen begann. Der Meister sagte nichts, und alle lauschten dem Vogel. Als dieser verstummte, sagte der Meister, die Darlegung sei bereits erfolgt - und ging seiner Wege.
(aus "Weisheit des Zen" von Timothy Freke)
Diese Darlegungen gefallen mir immer am besten...
Die kleinen Mäuse liefen auf dem Fußboden, sie schleppten Nesseln zu ihren Füßen hin, um doch etwas zu helfen. Und die Drossel setzte sich an das Gitter des Fensters und sang die ganze Nacht so munter, wie sie konnte, damit Elisa nicht den Mut verlieren möchte.
(Die wilden Schwäne)
Kurioserweise ist es ein Spruch, den ich zu einem bestimmten Thema bereits im letzten Jahr erhielt. Nun ist es bei der Dicke der Bibel eher unwahrscheinlich, zweimal denselben Spruch blind und ohne Lesezeichen zu erwischen, also ist das Thema wohl auch dieses Jahr noch aktuell. Wenn es denn Elia sein soll.
Und Elia sprach zu ihm: Bleib du hier, denn der HERR hat mich an den Jordan gesandt. Er aber sprach: So wahr der HERR lebt und du lebst: Ich verlasse dich nicht. Und es gingen die beiden miteinander.
(2. Könige 2.6)
Beim letzten Satz muß ich immer ein wenig schmunzeln, weil man ihn mit dem heutigen Jargon auch anders verstehen könnte.
Es gibt triviale Wahrheiten und große Wahrheiten. Das Gegenteil einer trivialen Wahrheit ist schlichtweg falsch. Das Gegenteil einer großen Wahrheit ist ebenfalls wahr.
(Niels Bohr)