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Freitag, 9. Juni 2017

Vom Laster überfahren, aber Seele - Teil 1

In den letzten Wochen fühlte ich mich ein wenig, als sei ich vom Laster überfahren worden und ich sehe auch immer noch in etwa so aus. Aber dies nicht nur wegen der OP. Mal unabhängig davon, daß es mir die letzten Tage vor der OP echt schrecklich ging, ist mir am Sonntag, drei Tage vor dem Eingriff, also im unpassendsten Moment (aber wann ist sowas schon passend?) die ganze Front von einem Seitenzahn weggebrochen, der ziemlich tief mit Amalgam gefüllt war. Jetzt sah man nur noch einen schwarzen Amalgamkrater. So hätte ich mich echt geschämt zur OP zu fahren, weshalb ich in Panik erneut nach einem Zahnarzt suchte, da ich seit meine Zahnärztin in Rente gegangen ist, noch niemanden gefunden habe, dem ich vertraue. Ich erhielt am Dienstagnachmittag einen Termin bei einer Zahnärztin in der Nähe, also wenige Stunden vor dem Eingriff, was zur Folge hatte, daß ich erstmal mit dem Anästhesisten telefonierte, ob eine zahnärztliche Betäubung irgendwie negativen Einfluß auf die Narkosemittel nehmen könne. Der sah aber kein größeres Problem und ich wollte wegen sowas die OP auch nicht nochmal verschieben. Hinterher habe ich gemerkt, daß dies alles zusammen innerhalb von 24 Stunden doch ziemlich hart für meinen Körper war. Die Zahnärztin bastelte mir aus dem letzten verbliebenen Zahnrest, Kunststoff und einem Stift einen neuen Zahn, der total echt aussieht, aber trotzdem traue ich mich nicht, das Teil auch zu benutzen. Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, daß es hält. Und meinen anderen Zähnen traue ich jetzt auch nicht mehr so richtig. Aber gut, erstmal hatte ich sowieso nicht vor, etwas zu essen.

Leider war diese Zahnärztin ebenfalls nicht sehr vertrauenserweckend, was nicht bedeutet, daß sie keine gute Arbeit macht - dazu kann ich allerdings noch nichts sagen -, aber ich kann einfach Zahnärzten nicht vertrauen, die nicht vorsichtig mit meinen (zumindest für mich wertvollen) Zähnen umgehen. Die Zahnärztin war zwar sehr großzügig mit der Betäubung, doch entspannen konnte ich mich während dieser sehr langen Sitzung trotzdem nicht, weil ich totale Ängste ausstand. Sie hatte nämlich die Angewohnheit, sich während der Arbeit ständig mit sehr viel Kraft auf meinen Zähnen abzustützen oder an ihnen herumzuziehen. Sie sprach nicht sehr viel Deutsch und statt zu sagen "Den Kopf mehr nach links, den Mund weiter auf" usw. zerrte sie dann lieber mit dem Finger an meinem Gebiß herum. Leider kann man in dieser unterlegenen Position sich nicht wirklich bemerkbar machen und sagen, daß einem das nicht paßt, zumal es absolut keine Spülpausen gab. So schwebte ich ständig in der unheilvollen Vorstellung, sie bricht mir noch andere Zähne mit ihrer zupackenden Art heraus. Auch wenn Zahnärzte wie wild an den Zähnen "herumharken" oder wegen jedem kleinen Fleckchen den Bohrer zücken, und erst recht, wenn sie mir völlig gesunde Zähne ziehen wollen, kann ich ihnen nicht vertrauen. Gerade jetzt bin ich froh, noch meine völlig einwandfreien Weisheitszähne zu haben, so daß ich mir das Essen zumindest irgendwie in die Backentaschen schieben und damit kauen kann. Außerdem weiß ich auch, daß ich einige oberflächliche Kariesstellen habe, die sich allerdings bereits seit 25 Jahren dort an diesen Stellen befinden und sich nicht vergrößert haben. Wegen sowas am Zahn herumzubohren schadet diesem vielmehr als ihm nützt. Das sah meine alte Zahnärztin genauso, weshalb hauptsächlich nur kontrolliert wurde, ob Handlungsbedarf besteht und auch nur dann gehandelt wurde. Damals als junger Mensch hatte ich wirklich Glück, daß ich an diese Zahnärztin geraten bin, denn wenn man jung ist, glaubt man Ärzten ja alles und hat Angst vor Karies. Damals hätte ich deshalb alles machen lassen. Erst mit gewissem Alter kennt man seinen Körper besser, achtet meist erst später mehr auf die Gesundheit und Ernährung, und merkt, daß Karies, sofern sie nicht einen bestimmten Grad überschritten hat, auch zum Stillstand kommen, ja, manchmal sogar heilen kann. Deshalb sind diese Zähne von mir heute noch im Vergleich zu anderen gesund und unversehrt. Die anderen Zähne sind die, in denen ich einige Amalgamfüllungen habe, allerdings sah ich es ebenso wie meine Zahnärztin, daß das erneute daran Herumbohren und Herausbohren viel schädlicher ist, als sie einfach so lange drin zu lassen, wie sie halten. Etwas verwundert war ich denn auch, als bei dieser letzten Behandlung die Zahnärztin nur mit einem Papiermundschutz fröhlich am Amalgam herumbohrte. Meine damalige Zahnärztin ist nämlich in einem solchen Fall mit einer Ritterrüstung angerückt. Ich vermute mal, daß die Nachwehen, die ich sehr stark im Kiefer spürte und der metallische Geschmack an der Zunge nicht nur etwas mit der Vergiftung durch den Opiumrausch zu tun haben, sondern halt mit dieser vorherigen Zahnbehandlung. Hinterher das Gift von der Narkose hat wahrscheinlich noch ein übriges dazu getan, daß ich mich völlig fertig fühlte, völlig fertig aussah und sich auch meine Zähne, mein Kiefer und meine Zunge so komisch anfühlten, daß ich nicht mehr richtig darauf kauen konnte. Ein wenig merke ich es immer noch, doch seit ich Heilerde esse und extra viele Mineralien zu mir nehme, habe ich nicht nur wieder etwas Farbe im Gesicht bekommen, sondern auch das Gefühl im Mund ist besser. Sobald ich allerdings aufhöre, mir diese "Giftpuffer" zuzuführen, merke ich wieder mehr Symptome. Interessant ist auch, daß nach dieser neuerlichen Erfahrung mit einem Zahnarzt, ich jetzt von drei verschiedenen Zahnärzten völlig unterschiedliche Diagnosen über meine Zähne erhalten habe. Witzigerweise las ich, daß sogar eine Zahnärztin mal gesagt hat, daß man zu zehn verschiedenen Zahnärzten gehen könne und bei jedem andere Diagnosen erhalten würde. Das scheint tatsächlich so zu sein.

Meinem Bruder brechen inzwischen ebenfalls dauernd Zähne weg, allerdings ist der schon über Sechzig. Eigentlich möchte ich mir jetzt noch nicht so viele Sorgen wegen der Zähne machen müssen, aber ich fürchte, mein frühzeitig abgesenkter Hormonstatus läßt mir keine Wahl. Was auf die Knochen geht, geht auch auf die Zähne und macht sie brüchig. Ich habe, damit es so richtig Spaß macht, zusätzlich viele schöne Alpträume, in denen mir die Zähne ausfallen und wegbrechen. Da ich zur Zeit wegen meines grün-blau malträtierten Körpers eh nicht viel machen kann, besteht meine derzeitige Lieblingsbeschäftigung darin, das Netz nach Prothetik, Implantaten und sonstigem nützlichem Zahnwissen zu durchforsten. Dabei findet man ja auch kuriose Dinge, wie zum Beispiel Fälle, in denen ein drittes Gebiß nachwächst. Allerdings kommt es nur selten vor und wie es scheint eher in sehr hohem Alter jenseits der 90. Wie zum Beispiel bei einem russischen Mütterlein, dem vier neue Zähne wuchsen und das sich darüber freute, wieder ihre Ingwerkekse knabbern zu können. Eigentlich wäre das ein heißer Tip für die Evolution, wenn wir eh immer länger leben, sowas mal serienmäßig einzubauen und möglichst schon ab sechzig oder so. Meine Zähne nerven mich gerade wirklich, aber ich hänge auch an ihnen. Und wahrscheinlich würde jeder Zahnarzt darüber den Kopf schütteln, daß ich mir jetzt so einen Kopf um den Verlust meiner Zähne mache, denn dazu ist mein Gebiss immer noch viel zu gut. Fragt sich halt nur wie lange, und wenn man sich nicht mehr traut, richtig zuzubeißen, ist das irgendwie auch kein befriedigender Zustand, vor allem, wenn man gerne isst. Vielleicht bin ich gerade aber auch einfach komplett traumatisiert. Und das wegen nur eines Zahnes. Deshalb lautet mein Mantra jetzt um so mehr: Ich bin Seele. Dieses Mantra brauche ich schon seit längerer Zeit, um mit all diesen plötzlichen Veränderungen an meinem Körper nicht verrückt zu werden. Ich bin Seele. Ich bin nicht mein Körper, ich bin nicht meine Zähne. Ich bin auch ohne Zähne noch Seele. Ich bin Seele und ich bleibe Seele, bla bla bla. Und ich weiß ja selbst am besten, daß es Schlimmeres gibt, als seine Zähne zu verlieren, bla bla bla. Ich bin Seele, bla!