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Die alten Tagebücher

Montag, 24. Juli 2006

Mein Elternhaus - Das Haus

Mein Elternhaus war ein großzügig geschnittener, vierstöckiger Altbau mit einem Vorderhaus und zwei Hinterhäusern. Ursprünglich befanden sich in dem Haus Etagenwohnungen mit zwei Bäder und zwei Eingängen, jeweils einer davon für die Dienstboten gedacht, die ihre kleine Schlafkammer gleich neben der Küche hatten. Da es zu meiner Zeit keine Dienstboten mehr gab, waren die Etagenwohnungen in zwei Wohnungen geteilt worden. Wir wohnten in einem Teil, der noch beide Eingänge hatte. Einen offiziellen und schönen mit einer großen Diele im Vorderhaus und einen "Dienstboteneingang" im Hinter-, bzw. Mittelhaus, über den man auf den Hof oder in das nächste Hinterhaus gelangte und welcher sich am Ende eines engen und dunklen Korridors befand, von welchem man Zutritt zur Küche, dem "Dienstbotenbadezimmer", was nun ein reguläres war und zu der kleinen Schlafkammer hatte.

Im letzten Hinterhaus gab es nur eine einzige bewohnte Wohnung ganz oben unter dem Dach. Im Erdgeschoß lag dagegen der Kindergarten, in welchen ich gegangen bin, und dazwischen im zweiten und dritten Stock erstreckten sich große Gemeindesäle, wo solche Veranstaltungen wie Christenlehre, Konfirmandenunterricht, Weihnachtsfeiern, Bibelkreise und Kirchenchorsingen stattfanden.

In der einzigen Wohnung lebte ein älteres Ehepaar, von dem ich mich dunkel entsinnen kann, dass es neben dem Kindergartenspielplatz, auf welchem ich mit meinen Freunden auch dann spielte, wenn kein Kindergarten war, da meine Eltern einen Schlüssel dazu vom Hausmeister bekommen hatten, auf einem Gelände, wo später nur noch eine große Baugrube prangte, einen kleinen Schrebergarten besaß. Diese Gärten wurden ziemlich früh alle platt gemacht und danach war dort gar nichts mehr, obwohl es immer so aussah, als ob etwas gebaut werden sollte. Die Baugrube war jedoch stets so voll Wasser, dass im Winter sämtliche Kinder der Umgebung auf ihr Schlittschuh liefen. Von den Gärten blieben nur die Brombeersträucher am Zaun, die wir im Sommer stets fleissig abernteten, was allerdings etwas mühselig war, da wir dazu unter dem Zaun durchkriechen mussten.

Ganz früher, als es die Gärten noch gab und ich sehr klein war, existierte außerdem in der Mauer, die den Kindergartenspielplatz nach einer Seite hin abschloß, ein Durchgang zu einem Kohlenhof. Wenn wir auf dem Spielplatz spielten was eigentlich Sommers wie Winters ständig der Fall war, konnten wir regelmäßig den alten Mann beobachten, wie er mit einer leeren Kiepe dort hindurchging und mit ihr voll beladen mit Kohlen wieder zurückkehrte, sie mühselig auf dem Rücken tragend und nach oben schleppend. Irgendwann kam er nicht mehr. Danach wurde der Durchgang nie mehr genutzt. Von meine Eltern erfuhr ich durch die Gespräche bei Tisch, dass er einen Schlaganfall hatte und nun, völlig gelähmt, von seiner Frau in der Wohnung unter dem Dach gepflegt wurde. Die Frau war immer sehr nett zu uns Kindern, winkte oft von oben aus dem Fenster und warf uns dann Bonbons hinunter.

Die Wohnung unter unserer eigenen war die Küsterwohnung. In ihr lebte zuerst ein Herr H., welcher ziemlich korpulent war. Ich kann mich erinnern, dass mein Vater oft zu ihm in seinem Büro Plaudern ging und mich mitnahm. Ich bekam dann immer ein Solitaire-Spiel verpaßt, mit dem ich spielen sollte und es auch tat, ohne es zu können. Eines Tages klingelte es an unserer Tür und zu dieser Zeit hatte ich noch die Angewohnheit, schneller als meine Eltern dort zu sein und durch den Briefschlitz zu schmulen. Natürlich bekam das jeder, der vor der Tür stand mit, ebenso wie das, was ich sagte, aber dies war mir bis zu diesem Zeitpunkt nicht bewußt. Also schrie ich lauthals, als ich den Klingler identifiziert hatte: "Der dicke, fette Herr H.!".
Meinem Vater war das furchtbar peinlich und als er die Tür öffnete, fragte er gleich verlegen lachend, ob er das gehört habe. Die Antwort bekam ich nicht mehr mit, denn völlig bedröppelt von der plötzlichen Erkenntnis, dass Hr. H. das mitbekommen haben könnte, verkroch ich mich in meinem Kinderzimmer.

Und da fällt mir ein, dass vor dem Hr.H. noch jemand in der Wohnung gelebt haben muss, denn ich kann mich an ein schwarzhaariges Mädchen erinnern, welches mit mir zusammen in meinem allerersten Zimmer, der Dienstbotenschlafkammer, den Kachelofen mit Abziehbildern dekorierte, wenn man es denn so nennen will. Ich kann da allerhöchstens zwei bis drei Jahre alt gewesen sein, denn zu dieser Zeit passte ich noch vollständig mit Kopf und allen Gliedmaßen in die Kommode, welche in diesem Zimmer stand. Das weiß ich deshalb so genau, weil wir, wenn mein Spielfreund zum Spielen bei mir war, kurzerhand alle Sachen hinaus schmissen, und uns selbst in das Schrankfach falteten. Da die Kommode noch bis zu meinem Auszug Bestandteil meiner Zimmereinrichtung war, fragte ich mich später so manches Mal, wie sowas möglich sein kann, dass es eine Zeit gab, wo ich in dieses kleine Fach hineingepasst habe.

Später zog in die Küsterwohnung die nachfolgende Küsterin mit ihrem Mann und zwei Kindern ein, von welchen eines meine neue Spielfreundin werden sollte. Sie war zwar etwas jünger, etwas pummelig, aber für ihr Alter immer ziemlich weit. Außerdem trug sie genau denselben Namen wie ich. Damit es zu keinen Verwechslungen kommt, behielt ich auf gemeinsamen Beschluß aller Kinder des Hofes meinen schon eingeschliffenen Spitznamen "Sanne", während sie nur noch "Susi" gerufen wurde.

In der Wohnung über uns wohnte früher ein alter Pfarrer mit seiner Frau. Der Pfarrer hatte die Angewohnheit manchmal, wenn wir auf dem Hof spielten, aus dem Fenster zu schauen und eine Krähe nachzuahmen, die laut krächzt, oder auch eine Taube, Uhu bzw. was ihm sonst so einfiel. Das fanden wir natürlich sehr lustig. Ziemlich früh und plötzlich ist er gestorben und ab da lebte die Frau Sch. viele Jahre alleine in der großen Wohnung. Ab und zu bekam sie in den Ferien Besuch von ihrem Enkelsohn, mit dem ich auch sehr gerne spielte. Mit ihm konnte ich nämlich gut rangeln, was ich mit M., meinem "Hauptfreund", nicht konnte, da er so weichlich war. Allerdings fand ich bald seine Begeisterung für Körperkontakt etwas übertrieben, denn jedesmal, wenn ich beim Ringen auf ihm lag, rief er sowas wie "Oh, das war toll! Wollen wir das nochmal machen?" Seine Oma buk uns manchmal leckere Kartoffelpuffer und brachte sie uns mitsamt einer Zuckerdose auf den Hof, wo wir sie brüderlich miteinander teilten.

Fortsetzung folgt

Montag, 26. Juni 2006

Die Welt braucht mehr Blümchen! (oder wie ich das Linoleumparkett meiner Eltern mit Streublümchen verzierte)

Als offizielles Mitglied der virtuellen Hippie-Kommune Peace On Earth und in Hinblick auf die gestrige Frage, ob ich meine Schuhe selbstbemalt hätte, ist mir ein weiterer Beweis meines bunten und blumigen Hippieherzens eingefallen.
Alles begann mit dem neuen Linoleumfussboden meiner Eltern. Dies war eine scheußliche Holzparkettimitation. In den Wohnungen meiner Eltern gab es immer nur Linoleum, nie Teppich und Parkett oder Laminat sowieso nicht. Warum meine Eltern nur Linoleum kauften, weiß ich nicht. Vielleicht aus Sparsamkeit, vielleicht aus praktischen Erwägungen, vielleicht kannten sie aus dem Krieg nicht anderes. Diese Linoleumböden wurde in den seltensten Fällen erneuert. Meistens lag der Bodenbelag so lange, bis er fast durchgelatscht war. Der Kauf und die Verlegung des nagelneuen Linoleums für das Wohnzimmer war daher ein ganz besonderes und auch einmaliges Ereignis, soweit ich mich erinnern kann, meine Mutter war unheimlich stolz auf ihr edles Kunststoffholzparkettimitat.
Ich dagegen konnte schon damals Linoleum eigentlich nur zum Zwecke von Linolschnitten etwas abgewinnen.

Ich weiß nicht, welches Teufelchen oder welche höhere Intuition mich darauf brachte, dass dem neuen Linoleum ein paar Blümchen ganz gut stehen würden, aber rein zufällig hatte ich entdeckt, dass es sich mit einem bestimmten bunten Marker besonders satt und schön auf dem Fussbodenbelag malen ließ. Also suchte ich mir eine eher unauffällige Stelle unter dem Couchtisch (ich ahnte wohl schon, das meine spannende Idee nicht ganz mit dem Geschmack meiner Eltern konform gehen würde) und begann den Fußboden mit kleinen Streublümchen zu verzieren. Leider war die Stelle nicht unauffällig genug, denn schon bald darauf entdeckte mein Vater diese "riesen Schweinerei", wie er sich ausdrückte. Sonst waren sich meine Eltern nie einig, aber bei dieser Standpauke hielten sie zusammen wie Pech und Schwefel. Und zum Abschluß fragte mich mein Vater, warum ich den ausgerechnet auf dem Fussboden malen müsse und mich nicht wie jeder andere an den Tisch setzen und auf einem Stück Papier zeichnen könne. Tja, wenn ich auf einem Stück Papier Blümchen gemalt hätte, dann wüsste ich heute nicht, dass dieser Spezialmarker wirklich absolut scheuerfest, essigreinigerbeständig, fleckentfernerresistent und bombensicher ist. Meinen Eltern blieb nichts anderes übrig als sich wohl oder übel an den Gedanken zu gewöhnen, dass unter ihrem Couchtisch Blümchen wachsen.
(Sie können froh sein, dass ich nicht ein riesiges geniales Linolschnittfresko aus dem Fussboden gemacht habe....pfff)

Mittwoch, 21. Juni 2006

Unvergessen - die Sache mit dem Höschen

Gestern zappte ich ab und zu in den neuen Sat 1 comedy-Sender, weil dort die ganzen Folgen der schrecklich netten Familie wiederholt werden, die ich zwar bereits unendliche Male gesehen habe, aber über die ich immer noch lachen kann, und landete bei einer Sendung, die hieß "Mein dicker peinlicher Verlobter" oder so ähnlich. Darin besuchte so eine kleine Maus die angeblichen Eltern ihres wirklich sehr dicken und peinlichen Verlobten und wurde von diesen total fertig gemacht, indem sie ihr die schrecklichsten Fragen stellten. Schließlich musste sie außerdem noch mit ihnen zusammen in den Whirlpool und schon da wirkte sie sehr verzweifelt. Doch als im Wasser schließlich der Schwiegervater in Spe seine Unterhose auszog und damit durch die Gegend wedelte, machte sie den Eindruck, als würde sie gleich zusammenbrechen und losheulen. Sie tat mir wirklich leid.

Vielleicht ja auch deshalb, weil mich die ganze Sache an ein unvergessenes und peinliches Erlebnis mit den Eltern meines Ex-Freundes erinnerte. Dieser wollte, dass wir an einem schönen Sommertag mit seinen Eltern an den See zum Baden fahren. Von diesen Aktivitäten mit seinen Eltern war ich zwar nicht begeistert, aber ich tat ihm den Gefallen und er lackierte mir extra die Zehennägel, weil seine Mutter mit meinem Aussehen zufrieden sein sollte.
Am See zogen wir uns gleich am Auto um und schmissen die Klamotten einfach in den Kofferraum. Nach einigen Runden im Wasser begann es plötzlich zu gewittern und genauso schnell prasselten dicke Regentropfen herunter. Wir rannten zum Wagen zurück und zogen uns eiligst wieder an. Leider fand ich im Kofferraum meinen Slip nicht mehr, weshalb ich nur meine anderen Sachen überschmiß und mich ins Auto setzte, damit seine Eltern los fahren konnten.
Während der Fahrt dachte ich dann aber so bei mir : "Mist! Wie kriege ich jetzt den Slip wieder? Ich kann ihn ja nicht da hinten im Wagen liegen lassen.....". Diese Frage beschäftigte mich so, dass ich K., meinem damaligen Freund der neben mir auf dem Rücksitz saß, LEISE davon erzählte, dass sich ein gewisses Kleidungsstück noch im Kofferraum befindet. Kaum war ich fertig, posaunte er dies schon nach vorne zu seinen Eltern, welche sich, worüber auch immer und mir unverständlicherweise, köstlich amüsierten.
In diesem Moment hätte ich ihn gerne gelyncht.
Endlich kamen wir bei ihnen zu Hause an und sein Vater überreichte mir mit einem süffisanten Grinsen das Unterhöschen, das er ziemlich schnell in einer Ecke gefunden hatte. Nein, war mir das peinlich. So peinlich, dass ich es bis heute nicht vergessen habe. Hätte sich K. nicht wie ein Gentlemen benehmen, seinen Vater mit einer gekonnten List ablenken (meinetwegen hätte er erzählen können, im Haus sei jemand durch das Fenster eingebrochen, der Dachstuhl brenne oder sonst irgendetwas) und unauffällig das Höschen aus dem Kofferraum entwenden können? So wie dieser eine Ritter da den Handschuh aus dem Löwenkäfig? Also wirklich......

Montag, 5. Juni 2006

Man nannte mich Grizzlybär

In Erinnerungen gebracht durch die auf anderen Blogs tobenden Sandkastenrangeleien Diskussionen und weil's so schön ist, nochmal vom alten Blog hierher gepostet:

Rendevouz im Schnee oder wie ich meinen ersten Verlobungsring wieder los wurde
Normalerweise veröffentliche ich keine an mich gerichteten Briefe, aber dieser hier von meinem ehemaligen Sandkastenfreund ist einfach zu lustig und außerdem schon verjährt. Ich bin froh, dass mein Vater den Brief aufgehoben und ihn mir im letzten Jahr gegeben hat.

Date im Winter

Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob ich damals zum vereinbarten Stelldichein erschienen bin oder ob ich ihn habe im Schnee warten lassen, aber dafür kommen mir beim Lesen dieses Briefes jede Menge andere Erinnerungen an meine Kindheit. Mein Spielfreund und ich kannten uns von klein auf, sind zusammen zur Schule, sogar in dieselbe Klasse gegangen und haben 18 Jahre zusammen in einem Haus gewohnt. Da wir als Kinder fast täglich miteinander auf dem Hof spielten, von früh am Morgen bis zum Abend wenn möglich, kam es natürlich auch immer mal wieder zu Streit. Meist waren er am nächten Tag vergessen und wir spielten einträchtig miteinander, als wäre nichts gewesen. Doch manchmal war er auch richtig heftig wie einmal, als wir mehrere Tage oder sogar Wochen, unsere Treffen auf dem Hof einstellten, nachdem wir uns gegenseitig mit Eltern, Bruder, Polizei und Feuerwehr gedroht hatten. An einem dieser Tage schaute ich also stattdessen gelangweilt aus dem Schlafzimmerfenster, als ich bemerkte, dass zwei Etagen über mir ein Kopf am Fenster auftauchte und mir Zeichen machte, bzw. zu rief, dass er gleich etwas zu mir herunterlassen würde. In freudiger Annahme dessen, dass wir uns wieder vertragen, wartete ich ab, was da kommen würde und erhielt an einem Bindfaden ein kleines, zusammengerolltes Zettelchen. Als ich es öffnete las ich darauf "Du bist doof!". Das wollte ich natürlich nicht auf mir sitzen lassen und schritt deshalb sofort zur Tat, holte einen Briefumschlag, kritzelte auf die Rückseite des Zettelchens "Selber doof!" und steckte ihn im Umschlag verpackt, in den Briefkasten seiner Eltern. Ich habe keine Ahnung, wie lange wir dann noch vor uns hingeschmollt haben, aber irgendwann setzten wir unsere Hoftreffen wieder fort.

Eigentlich war es kein Wunder, dass öfters Meinungsverschiedenheiten entstanden, denn wir hatten völlig unterschiedliche Vorstellungen davon, was Spaß macht und was wir spielen wollen. Ich selbst mochte alle Spiele, bei denen man wie wild in der Gegend umher rennen, sich kloppen, raufen und verstecken kann, wie zum Beispiel Agenten, Spione, Indianer, Detektiv, Polizei u.ä. M. dagegen war pummelig, nicht gerade bewegungsfreudig, sehr verwöhnt und mochte alle Spiele, bei denen es gemütlich zuging, er den Pascha spielen und sich bedienen lassen konnte. Sein Lieblingsspiel dieser Art war "Vater, Mutter, Kind", etwas, was mir selbst nur Gähnen entlockte. Meist setzte ich mich als Bestimmer durch und wir hielten uns an meine Spielvorschläge. Doch wenn ich merkte, dass Streit drohte, gab ich nach, da ich ein eher konfliktscheuer Mensch bin, und wir einigten uns auf "sein" Spiel. Allerdings brachte ich es dann zustande, dass in einem normalen, ruhigen "Familienleben" regelmäßig Mord und Totschlag ausbrachen und eine Katastrophe der nächsten folgte. Der Übergang vollzog sich für M. stets so unmerklich, dass er anfangs noch mitspielte, doch spätestens dann, wenn er sich aus seinem Pascha-Sessel erheben und unser entführtes Kind zurückbringen oder vor dem Haus lauernde Mörder jagen sollte, bemerkte selbst er, dass dies kein normales "Vater, Mutter, Kind" - Spiel mehr war. Hier war der Punkt, wo am häufigsten Streit begann, denn er warf mir nun vor, dass ich das Spiel nicht "richtig" spielen würde und schon war die Scheidung vollzogen.

Trotz dieses ärgerlichen Verlaufs unseres "Familienlebens" bot er mir eines Tages einen Plastikring aus einem West-Überraschungsei an, wenn ich mich mit ihm verloben würde. Ich war zwar ganz scharf auf diesen Ring, hatte aber keinerlei Ambitionen darauf, ihn als meinen Bräutigam zu betrachten, da mich schon die Sticheleien meines Vaters in dieser Hinsicht tierisch nervten und ich das Gefühl hatte, als warteten meine Eltern nur darauf. Schlau wie ich war, nahm ich deshalb den Ring mit einem gemurmelten "Danke." entgegen, ohne jedoch auf den Teil mit der Verlobung näher einzugehen. Ich beschloß den Ring einfach als ein Geschenk zu betrachten. Niemand konnte mich schließlich zwingen, M. zu heiraten. Leider berief sich M. aber danach ständig und in so penetranter Weise auf seine Rechte als Verlobter, welche die Erfüllung aller seiner Wünsche, sowie das Einräumen und Aufräumen seiner Spielzeuge und seiner Spielkiste durch mich einschlossen, dass ich mich irgendwann gezwungen sah, ihn wieder auf den Boden der Tatsachen zu bringen. Ich machte ihm also klar, dass ich mich nie mit ihm verloben würde und dass er mir den Ring nur geschenkt hätte. Daraufhin forderte er den Ring von mir zurück und da ich Streit hasse, gab ich schließlich nach.

Seine Spielsachen habe ich letztendlich trotzdem aufgeräumt, denn er erpresste mich damit, dass ich nicht mehr auf seine Schaukel dürfe, wenn ich es nicht tue. Am Klettergerüst waren zwei Haken angebracht, an denen man eine leichte Holzschaukel anbringen konnte. Die Schaukel dazu besaß allerdings nur er. Und da ich im Gegensatz zu ihm für mein Leben gern schaukelte und nie genug kriegen konnte, blieb mir also gar nichts anderes übrig, aber dafür bekam er dann anderweitig von mir sein Fett weg.

Samstag, 29. April 2006

Von Trauermärschen und anderem Notengetier

Mir ist gerade beim Abwaschen eine Begebenheit aus meiner Schulzeit eingefallen, genauer gesagt, aus dem Musikunterricht. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich die Melodie von Schwanensee in meinem Kopf hatte. Und immer wenn ich die Melodie von Schwanensee im Kopf habe, mischt sich diese mit einer anderen Melodie, nämlich mit der vom Trauermarsch "Unsterbliche Opfer". Nun ist die Begebenheit solche, dass wir also im Unterricht diesen Trauermarsch hörten und die Lehrerin uns fragte, mit welchem anderen Musikstück dieser Marsch Ähnlichkeit habe. Mir fiel dabei sofort Schwanensee ein und während ich mich wie immer nicht meldete, fragte meine Freundin neben mir aber ebenso spontan, ob es nicht Ähnlichkeit mit Schwanensee hätte, um sich selbst zu vergewissern. Ich nickte und meinte, dass ich das auch denke. Also meldete sie sich und sagte "Schwanensee". Die Lehrerin schaute erst überrascht, dann pikiert, lachte schließlich amüsiert und schüttelte energisch mit dem Kopf, wobei sie die Richtigkeit der Antwort verneinte. Und trotzdem, da kann die Musiklehrein noch so viel mit ihrem weniger hübschen Kopf schütteln, ich finde immer noch, dass der Beginn des Marsches an den Beginn der Erkennungsmelodie von Schwanensee erinnert, wenn sie auch im Marsch viel getragener und etwas abgewandelt ist. Wie könnte es sonst sein, dass ich immer ganz automatisch und völlig unbewusst von der einen zur anderen Melodie springe, wobei ich allerdings sehr genau unterscheiden kann, welches die eine und welches die andere ist?

Unter http://download.sovmusic.ru/m32/zhertger.mp3 kann man sich übrigens den Trauermarsch anhören und herunterladen. Und beim Googlen habe ich zu meiner Begeisterung auch noch eine andere Seite ( http://www.andreasferl.de/download/ ) gefunden, auf der man sich sehr viele der alten Pionier- und FDJ-Lieder, sowie anderes Zeug, was wir damals im Musikunterricht gesungen haben, anhören und runterladen kann. Völlig neu aufgetaucht ist da bei mir "Das Lied vom Drahtesel", das ich wohl irgendwie verdrängt haben muss. Kalinka haben wir natürlich nicht gesungen (und auch nicht auf den Tischen dazu getanzt), aber dafür Katjuscha um so begeisterter - hier sogar in russischer Version. Und selbst der größte Schlagerhit der damaligen DDR ist zu finden, den wir natürlich auch nicht im Musikunterricht gesungen haben, nämlich "Sing mei Sachse, sing"! Mein Cousin konnte gar nicht genug davon bekommen und hat dieses Lied bis zum Erbrechen, dem meinigem, gehört und gesungen.

Freitag, 14. April 2006

Der orangefarbene Koffer

Hatte ich schon mal erwähnt, wie lustig es ist, Schränke um- und auszuräumen? Man entdeckt darin oftmals Dinge, die man noch nie zuvor gesehen hat. Ok, dass ich noch einen alten Spielekoffer aus meiner Kindheit besitze, wusste ich ja. Aber ich habe ihn eben nicht mehr wahrgenommen, obwohl ich ihn jedesmal sah, wenn ich den Schrank öffnete. Erst als ich für all diese Dinge einen neuen Platz finden musste, richtete ich meine bewußte Aufmerksamkeit wieder auf diesen orangefarbenen Koffer. Ich hatte noch eine ferne Ahnung, was sich darin befand, allerdings wirklich außerordentlich fern, da ich als Erwachsener nie mehr in die Verlegenheit gekommen bin, mich zu langweilen und deshalb ein Damespiel herauskramen zu müssen.
Doch was ich fand, als ich den Koffer öffnete, übertraf alles mir Vorstell- und Erinnerbare (Man beachte im übrigen auch das kreative und geordnete Chaos darin!).

Völlig fremd sind mir, außer dieser Magnum-Flasche mit den Magnum-Würfeln, auch die LKW-Frachtbriefe und Führerscheine. Dass ich trotzdem mal mit ihnen gespielt haben muss und sie nicht irgendjemand hineingeschmuggelt hat, beweisen jedoch meine zeichnerischen Kunstwerke, die ich in weiser Voraussicht darauf hinterlassen habe. Und wenn ich nicht rein zufällig jetzt in den Koffer hineingeschaut hätte, wären sie wohl sogar meiner Nachwelt erhalten geblieben, aber nun werden sie bedauerlicherweise für immer verschollen bleiben.

Nachtrag: Falls Interesse an einzigartigen und kunstvollen Porträtzeichnungen besteht, zum Beispiel für einsame Wandnägel über Kaminen, bitte ich, lukrative Angebote an oben angegebene Email-Adresse zu richten.

Sonntag, 29. Januar 2006

Von Rührteig und Eierpampe

Letztens nahm ich mir aus dem Supermarkt so einen Fertigteig für Marmorkuchen mit, den man mitsamt der Alu-Backform nur noch in den Backofen schieben muss. Ich hab sowas bisher noch nicht ausprobiert, aber heute dachte ich bei mir, ich werde mir zum Nachtisch und als Proviant für die lange Twin Peaks-Nacht mal einen richtig frischen Marmorkuchen machen.
Als ich die Folie anzog, klebte an ihr ziemlich viel von dem flüssigen Teig, weshalb ich einen Löffel nahm, den Teig abkratzte und kurzerhand in meinen Mund beförderte. Danach konnte ich mich kaum noch bremsen und hätte am liebsten die ganze Backform sofort leer gelöffelt. Nur mit übermenschlicher Willensanstrengung gelang es mir, mich loszureissen und die Schüssel mit dem Teig in den Backofen zu feuern, denn den Teig "roh" aufzuessen war ja eigentlich nicht der Sinn der Sache.

Ich weiß gar nicht, wie lange ich schon keine Teigschüssel mehr ausgekratzt habe, so wie ich das früher bei meiner Mutter durfte. Kuchen backe ich selbst so gut wie nie. Deshalb erinnerte mich der Geschmack des Teiges auch so sehr an meine Kindheit und daran, wie gerne ich Teig genascht habe. Dies ging sogar so weit, dass ich mit ca. 4-5 Jahren, als meine Mutter leider, wie ich fand, viel zu selten Kuchen backte, mir versuchte selbst den Teig zusammenzurühren, um ihn dann aufzuessen. Ich nahm mir dazu eine grosse Tasse und mischte in ihr Mehl, ein Ei, Margarine und was ich sonst noch meinte, was in Teig hineingehört. Natürlich schmeckte die Pampe absolut widerlich, es war der reinste Mehlkleister geworden. Deshalb stellte ich die Tasse in meinen Nachtschrank und ließ sie dort vergammeln. Nach einigen Monaten fand sie meine Mutter und zog es vor, sie mitsamt des Inhalts in den Müll zu befördern.

Ich jedoch wandte mich darauf lieber wieder meinem Spezialgebiet der Eierpampenherstellung zu, in welchem ich es mit intuitiver Rafinesse, durch Ausprobieren von Mischungen verschiedener Sand- und Erdarten und unter Hinzufügen von allen möglichen auf Hof und Strasse auffindbaren Substanzen zur wahren Meisterschaft brachte. Den vorläufigen Gipfel meines Schaffens bildete ein Eierpampen-Hochwurf-Contest, nach welchem meine von mir persönlich entworfenen und auch den anderen Kindern zur Verfügung gestellten Eierpampen-Knödel (die als Geheimzusatz eine nicht unerhebliche Menge Mörtelstaub von jenem Platz enthielten, auf welchem vor nicht allzu langer Zeit Baustoffe gelagert hatten) über Jahre hinweg mehrere Meter hoch an der Wand unseres Wohnhauses kleben blieben und ihnen dort selbst Regen, Wind und Wetter nichts anhaben konnten.