Traumnotizen (vollständiges Traumtagebuch im Zweitblog)
Ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft für Betreutes Wohnen, das meines ist. Eines Morgens fällt mir auf, daß der zugehörige Balkon beschädigt ist. Es fehlt die fordere Begrenzung und der Boden hängt gefährlich nach unten, so daß man theoretisch wie auf einer Rutschbahn hinunter schlittern könnte, ohne von einem Gitter aufgehalten zu werden. Zu allem Überfluß stelle ich fest, daß jemand (meine Mutter?) sämtliche Kästen mit gesundem Grün bepflanzt hat, hauptsächlich aus Salaten bestehend. Es ist zwar schön, frischen Salat auf dem Balkon zu haben, doch ich hätte lieber bunte Blumen gepflanzt. Jetzt sind sämtliche Kästen schon voll. Aber wenn ich wegen Lebensgefahr sowieso nicht auf den Balkon kann, sollte ich mich nicht zu viel darüber ärgern. Stattdessen beschließe ich, den Schaden an den Vermieter zu melden, damit der den Balkon wieder begehbar macht. Das ist zwar eigentlich nicht meine Aufgabe, sondern die der Einrichtung, doch die kümmert es nicht und da ich vorher in einer Wohnung lebte, weiß ich ja, wie das geht.
Ich warte. Auf die anderen. Auf einem großen Platz. Ich warte vor einem spezellen (Gothic?)-Kaufhaus mit einem großen Werbegesicht an der Fassade. Um mich herum strömt das Leben, Menschen die das Kaufhaus verlassen. Einem Pärchen stehe ich im Weg, dessen Hände sich, wenn auch widerwillig, trennen, um an mir vorbeizukommen. Ein Mann mit deformiertem Kopf fährt als Tombola-Gewinn das Fahrrad einer Kundin fort. In Gedanken ziehe ich das Fazit, daß ich die ganze Zeit während dieses Kurzurlaubs nichts anderes getan habe, als irgendwo zu warten. Allein in Budapest. Doch immerhin gibt mir dieser Standort hier ein gewisses Gefühl von Sicherheit und Eingebundensein.
Das Fenster der Toilette im Keller ist sehr klein und quadratisch, neben der ausladenden Treppe eines großen öffentlichen Gebäudes gelegen. Ich hocke davor und erinnere mich an die vielen Male, die ich mich durch diese enge Öffnung gezwängt habe, um in das Gebäude zu schlüpfen. So kann ich die große Treppe und den Pförtner umgehen. Auch jetzt will ich eigentlich wieder hindurchschlüpfen, aber mir kommen Bedenken. Schließlich habe ich zugelegt, was ist, wenn ich stecken bleibe? Innen versperrt die offen stehende Tür einer Toilettenzelle die Sicht, welche sich aber langsam in Richtung Türrahmen bewegt, und ich kann nun erkennen, daß die Tür zur Sanitäreinrichtung ebenfalls einen Spalt offen steht. Was ist, wenn mich jemand entdeckt, gerade wenn ich mitten im Fenster stecke? Das wäre sehr peinlich. Ich entschließe mich nun doch, die Treppe zu benutzen, lasse aber aus unerklärlichen Gründen meine hellbraunen Halbschuhe unten am Treppenansatz stehen. Erst als ich schon kurz vor der Pförtnerloge angekommen bin, fällt mir ein, daß ich schlecht ohne Schuhe in das Haus gehen kann und mache kehrt, um diese wieder anzuziehen. Dabei bleibe ich im Vorübergehen mit dem kleinen Finger in der Manteltasche eines Mannes hängen. Schnell enthake ich ihn wieder und entschuldige mich. Hoffentlich denkt er jetzt nicht, ich wollte klauen. Im Haus habe ich eine Toilette benutzt, stehe am Waschbecken und mache kehrt, um zu gehen. Ein altes, grauhaariges Ehepaar ist mit mir im Raum und die Frau fragt mich streng, ob ich mir die Hände gewaschen hätte. Zwar stand ich gerade am Waschbecken und gehe deshalb davon aus, daß ich es tat, jedoch muß dies so unbewußt gewesen sein, daß ich mich kaum erinnern kann. Ich antworte deshalb, daß ich es vergessen hätte und wasche sie mir noch einmal und ganz bewußt mit zwei gelben Seifenwürfeln. Die Frau tadelt mich wegen meines Versäumnisses, aber ich antworte nichts darauf. In einer anderen Ecke des Zimmers fällt mir plötzlich auf, daß ein leerer Kinderwagen, der mitten im Zimmer stand, sich beginnt, von alleine fortzubewegen. Erst denke ich, daß unten an das Gestell eine Schnur zum Ziehen gebunden wurde, aber auch, als ich mir den Hals ausrenke, kann ich nichts erkennen. Der Kinderwagen fährt links in den Korridor hinein und verschwindet in einem anderen Zimmer. Verwundert rufend zeige ich ihm hinterher. Das grauhaarige Ehepaar zeigt mir nun vier Bilder. Sie sagen, daß ein Geist hinter mir her sei und ich mich in einem der Bilder verstecken soll. Eines bildet eine Kuh auf einem Weg ab, ein anderes eine Menschenmenge. So eine Menschenmenge ist wahrscheinlich am besten geeignet, um sich zu verstecken, aber wie ich in solch ein Bild hineinkommen soll, ist mir ein Rätsel. Doch kaum habe ich das gedacht, bin ich bereits von einer Menschentraube umgeben, unter ihnen eine Person mit einer aufgeschlagenen Zeitung. Die Bilder der Zeitung verändern sich zu dem Schwarzweißbild einer Frau, welche Hut, Frisur und Kleidung aus den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts trägt. Sofort weiß ich, daß der Geist mich gefunden hat, es ist der Geist dieser Frau. Ich flüchte aus der Menschentraube in den großen Saal, in welchem an allen Wänden Gemälde hängen. Auch hier zeigt sich in einem Bild diese Frau, so daß ich durch die Saaltür flüchte und wieder in einem Raum mit Gemälden an den Wänden lande. Erneut ist die Frau in einem der Bilder zu erkennen, es ist, als sei sie immer schon vor mir da und als wüßte sie genau, wo ich mich aufhalte. Ich flüchte in ein drittes Zimmer, welches an den Wänden mit Holz verkleidet ist und mit einem repräsentativen, antiken Schreibtisch ausgestattet. Hier sind ebenfalls alte Gemälde über die ganze Fläche der Wände verteilt aufgehängt worden und sofort erkenne ich sie wieder in einem Bild hinter dem Schreibtisch. Während ich mit dem Finger auf das Bild deute, verwandelt sich das Gemälde und wird zum Portrait eines Säuglings. Eine Stimme neben mir merkt an, wenn ich schon im Büro des Bürgermeisters sei, solle ich jetzt sagen, was ich auf dem Herzen habe. Büro des Bürgermeisters, hm....was soll ich erzählen? Daß ich vom Geist einer Frau aus den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts verfolgt werde, der sich in immer anderen Bildern zeigt und sich darin verwandelt? Hm, hm....
Ich erwache in meinem Bett. Miauen dringt an mein Ohr. Die Katze schleicht durch das Zimmer und benimmt sich ziemlich ungezogen und mißgelaunt. Fast aggressiv scheint sie mich provozieren zu wollen. "Katze!" rufe ich gebieterisch, "Katze!", dann stehe ich auf und gehe zur Balkontür. Durch die noch zugezogenen Vorhänge fällt ein leuchtendes Lichtquadrat. Dahinter taucht plötzlich der furchterregende Schattenriss eines riesigen Vogels auf - spitzer Schnabel und ein Knäuel von Flügeln und Hälsen. Die Form erinnert an das Haupt der Medusa oder an den mythischen Vogel Phönix. Auf den Fußboden gekauert beobachte ich hinter der Tür diesen unheimlichen Schatten. Er macht sich auf meinem Balkon zu schaffen und fliegt wieder fort. Als ich, nun mutig geworden, auf den Balkon hinaustrete, fällt mir auf, daß der Vogel einen alten Blumentopf mit vertrockneten Pflanzenresten mitgenommen und dafür ein kleines Olivenbäumchen zurückgelassen hat. Er hat es aber nicht nur zurückgelassen, sondern sogar in einen Steinguttopf eingepflanzt. Das Grün des Bäumchens ist dunkel, gesund und glänzend. Jetzt wird mir auch klar, warum der Schatten des Vogels so furchteinflößend aussah - es war das Olivenbäumchen, das er mit sich trug und welches mit dem Vogelschatten zu jener monströsen Kreatur verschmolz.
Es ist nicht genau auszumachen, ob sich die kulinarische Räumlichkeit, in welcher ich Herrn Schneck gegenüber an einem rustikalen, rechteckigen Holztisch sitze, drinnen oder draußen befindet. Uns wurde bereits das Essen serviert. Auf meinem Teller liegen ein Häuflein Bratkartoffeln und daneben ein Häuflein Salzkartoffeln, sonst gar nichts. Herr Schneck dagegen ißt lediglich einen großen Berg Salzkartoffeln. Man unterhält sich entspannt, stochert in den Kartoffeln, als ein ungewöhnliches Vorkommnis im Lokal das Gespräch auf französische Bestatter lenkt. Ich bemerke dazu, daß unter dieser Gruppierung Patriotismus eine große Rolle spielt. Ja, denke ich bei mir selbst überzeugt, Franzosen und Patriotismus sind nicht voneinander zu trennen. Schneck stimmt mir zu und erklärt mir jetzt unerwarteterweise, ich sollte ein französischer Bestatter werden. Hm, ich und Bestatter? Wie kommt er darauf? Bestatter war bisher ein Beruf, den ich nicht einmal im entferntesten für mich in Erwägung gezogen habe. War ich da vielleicht zu voreilig oder habe ich etwas übersehen? Während ich noch über die Bedeutung dieser Aussage mutmaße, probiere ich das erste Mal die Salzkartoffeln. Sie schmecken absolut eklig, eigentlich nach gar nichts, wie Mehlklumpen. Die Bratkartoffeln dagegen haben bisher sehr gut geschmeckt. Neugierig beobachte ich Schneck beim Essen, aber er scheint nichts zu bemerken und haut tüchtig rein. Nun ja, ich bleibe doch lieber bei den Bratkartoffeln.
Im Traum sah ich den Reichstag auf einem Lastwagen an mir vorüberfahren. Ich wunderte mich, aber es bestand kein Zweifel. Die gläserne Kuppel war einwandfrei zu erkennen. Wahrscheinlich, so vermutete ich, wird er an einen anderen Standort versetzt.
In einer Einrichtung für kranke Menschen findet ein großes öffentliches Fest statt. Ich bin ebenfalls anwesend, vielleicht von meinem Job her, und treffe in einem Saal jemanden mit einem ca. achtjährigen, schwarzhaarigen Jungen. Dieser sieht sehr verängstigt, aber vor allem müde aus. Er hat riesige Augenringe und sagt kein Wort, schaut mich nur traurig an. Ich bin richtig erschrocken darüber, wie fertig das Kind wirkt. Während ich mich mit seinem erwachsenen Begleiter unterhalte, streiche ich ihm über dem Kopf und sage: "Der Junge muß unbedingt ins Bett! Es ist viel zu spät für ihn." Darauf erfahre ich, daß dies nicht möglich ist, sondern der Junge noch die ganze Nacht hindurch bis früh um 8 Uhr aus irgendwelchen Gründen aufbleiben muß. Ach du meine Güte! Ich bin voller Mitleid und verspreche ihm, daß ich eine Matratze für ihn auftreiben werde. Ich weiß zwar noch nicht wo, mache mich aber gleich auf den Weg. Leider muß ich feststellen, daß vor den Schränken, in welchen Matratzen gelagert werden, Verkaufstische aufgestellt wurden, so daß hier kein Herankommen ist. Unterwegs laufe ich an den Aufgängen für verschiedene WGs und einer Musikschule vorbei. Die Musikschule interessiert mich, deshalb bleibe ich stehen und versuche Informationen über die Veranstaltungen zu finden. Eine blonde Frau ohne Beine spricht mich an. Ihr Oberkörper endet direkt mit dem Gehweg. Trotzdem scheint sie sehr selbständig und integriert zu sein, denn sie erzählt mir, daß sie selbst in einigen Musikkursen ist, was sie dort macht und daß sie auch noch anderen Aktivitäten nachgeht. Dabei ist sie aufgeräumt und fröhlich. Ich bedanke mich bei ihr für die Informationen, verabschiede mich und mache mich weiter auf die Suche nach einer Matratze. Doch alles was ich finde, sind ein paar dicke große Pappen und einzelne Kissen in unterschiedlichen Größen. Nun ja, die Pappen mit einigen Kissen darauf dürften vielleicht auch schon genügen, um sich darauf auszuruhen, wenn man sich kaum noch auf den Beinen halten kann. Also werde ich sie dem müden Jungen bringen.
Ein tellergroßer Schwalbenschwanzfalter hat sich in meinem Zimmer verflogen und präsentiert sich in seiner schönsten Pracht an einem Kachelofen sitzend. Ich suche nach meiner Kamera um ihn zu fotografieren und finde dabei einen Holz-Mariechenkäfer, den man in der Mitte wie eine Matrjoschka aufschrauben kann. Während ich ihn halte, spüre ich in der Hand ein Vibrieren und Summen wie das einer asiatischen Klangkugel. Neugierig schraube ich ihn auf und finde darin mehrere lebende Marienkäfer. Wie witzig, daß sie sich ausgerechnet in einen Holz-Marienkäfer eingenistet haben!
Eintönige Wohnhäuser schmiegen sich von beiden Seiten dicht an die schmale Wohnstraße, auf welcher ich gehe, bis ich zu einer Absperrung komme. Anscheinend wird hier gebaut und ein Durchkommen ist nicht mehr möglich. Irgendwie muß ich aber auf die andere Seite gelangen, weshalb ich die Strecke zurücklaufe und nach einem Umweg Ausschau halte. Diesen finde ich sofort: Ein Weg führt in eine Einfahrt hinein, biegt nach links ab und verläuft hinter den Wohnblöcken an einer grünen Hofwiese entlang. Ich vermute und hoffe, daß es am anderen Ende einen Ausgang gibt, der zurück auf die Straße hinter der Absperrung führt. Während ich an der Wiese entlanglaufe, fallen mir am Rande fremdartige, schöne Pflanzen mit großen weißen Blüten auf. Die Form der Blüten erinnert an Zistrosen, nur sind sie vollkommen weiß. Seltsam, diese Blumen habe ich bisher noch nirgends gesehen. Inzwischen wuchern regelrechte Büsche mit weißen Blüten bis in den Weg hinein, diese Blüten sehen allerdings mehr aus wie Orchideen oder Lilien, und ich muß mich mit Kopf und Händen mitten durch sie hindurchschlagen. Hier scheint lange niemand mehr gegangen zu sein, wundere ich mich, und auch sonst sind der Hof und die Wohnblöcke wie ausgestorben. Der Wohnblock am Ende des Weges führt L-förmig weiter, aber es muß doch möglich sein, in einen der Hausflure zu gelangen und dort einen Ausgang zur Straße hin zu finden. Ich öffne eine Tür zum Haus und bekomme mit, daß mir jemand folgt. Er trägt einen blauen Kittel und scheint ein Hausmeister zu sein. Bis auf ihn ist auch im Haus alles wie ausgestorben. Es sieht hier weniger wie in einem Hausflur aus, als viel mehr wie in einem Saal mit verschiedenen Einrichtungsgegenständen. So richtig kann ich keine Tür auf der gegenüberliegenden Seite entdecken, es wäre aber gut möglich, daß sie sich hinter einem der Schränke oder in einem Winkel verbirgt, deshalb frage ich den Hausmeister nach ihr, denn der muß es ja wissen. Er bestätigt zwar, daß eine Tür existiert, gibt aber ständig ausweichende und langatmige Antworten, so als wolle er mir nicht sagen, wo sie sich befindet. Warum tut er das? Will er mir einen Streich spielen? Sich für irgendetwas rächen? Oder will er vielleicht, daß ich bei ihm bleibe?
Lange Träume, die größtenteils ohne Erinnerung bleiben. Mittendrin gehe ich eine Kellertreppe hinunter. Als ich mich umsehe, steht am oberen Ende mein Vater. Sofort wird mir klar - dies hier ist ein Traum, denn er ist ja tot. Aber in einem Traum, und dann noch zu Halloween, sollte ich auf keinen Fall Kellertreppen hinunter gehen. Entschlossen kehre ich um und steige die Treppe wieder nach oben. Dort angekommen gehe ich etwas unschlüssig herum und überlege, was ich wohl mit einem luziden Traum anfangen könnte. So recht will mir nichts einfallen, nebenbei registriere ich überrascht, daß ich erstaunlich ruhig bleibe. Zumindest habe ich nicht den Wunsch, sofort aufzuwachen, was aber daran liegen kann, daß ich mich nicht in der Umgebung meines Bettes befinde. Ich erinnere mich im Traum sehr gut an meinen
letzten luziden Traum, in welchem ich noch etwas Panik geschoben hatte. Fast scheint mir, als ob mit jedem luziden Traum die Kontrolle besser funktionieren würde, und das, obwohl ich gar nichts dazu tue. Ich habe aus verschiedenen Bedenken heraus nie aktiv versucht, Luzidität herbeizuführen oder damit zu experimentieren. Jetzt scheint alles von alleine zu passieren. Fast kommt es mir vor, als wäre es irgendwie vorgesehen oder von jemandem gewollt, daß ich dies nun lerne. Langsam gehen die belanglosen Geschehnisse in den nächsten Traum über, mit welchem auch die Luzidität wieder verschwindet.