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Bücher auf Bestsellerlisten

Irgendwann habe ich aufgehört, mich für Bücher auf Bestsellerlisten zu interessieren und lese sie nur vereinzelt, wenn mich mal wieder irgendjemand dazu überredet hat. Das liegt daran, daß mein Geschmack und Bestsellerlisten anscheinend nicht kompatibel sind. Ich kann mich im Grunde nur an einen einzigen Bestseller erinnern, welchen ich las und tatsächlich überragend fand, so wie es sich nach meiner Ansicht für einen Bestseller gehören sollte, nämlich "Das Parfum" von Süskind. Das ist nun für aufmerksame Leser des Blogs nichts neues, aber was ich doch sehr interessant finde, ist folgendes: Wenn man diese Meinung in Gruppen äußert, egal welcher Art, erhält man sofort vollste Zustimmung und eifriges Kopfnicken. Es ist beinahe so, als würde sich alle Welt von Bestsellerlisten fernhalten und niemand die darauf befindlichen Bücher lesen. So ähnlich, wie ja auch das Dschungelcamp niemand sieht. Und dann entstehen so paradoxe Situationen wie letztens bei einer Familienzusammenkunft. Da meine Mutter noch immer die riesige Bibliothek meines Vaters verkleinert, schauen wir regelmäßig Bücherberge durch. Und ich äußerte dabei, daß ich nicht verstehen könne, wie manche Bücher auf Bestsellerlisten landen, da ich sie meistens ziemlich durchschnittlich finde und sie mir nicht gefallen. Sofort nickten alle eifrig und stimmten mir zu. Ihnen erginge es ganz genauso, und so weiter, und so fort. Man würde sich gar nicht mehr nach Bestsellerlisten richten, denn es sei eh nur Mist, was die Massen da kaufen. So ging es eine Weile, bis plötzlich meine Mutter und meine Schwägerin einstimmig in das Loblied für ein Buch einfielen, natürlich eines von der Bestsellerliste. "Der Hunderjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand" heißt es und durch den ausgefallenen Titel hatte ich davon bereits gehört, aber ohne daß ich Lust bekommen hätte, es zu lesen. Nun wurde ich quasi bekniet, das Buch mitzunehmen und zu lesen, von meiner Mutter auch mit so subtilen Anmerkungen wie: "Lies das mal! SO muß man schreiben."
Tja, und was soll ich sagen - dieses Buch ist ein weiterer Beweis dafür, daß Bestsellerlisten und ich nicht zusammenpassen. Ich habe genau fünfzig Seiten davon gelesen und mehr will ich gar nicht. Es hat mich nirgendwohin mitgenommen. Weder bin ich gespannt, was als nächstes passiert, noch ist die Sprache besonders ergötzlich. Im Gegenteil, den Sprachstil finde ich ganz fürchterlich. Er ist mir viel zu distanziert und abgehackt, ich nenne so etwas Jugendbuchstil. Ähnlich wie bei "'Harry Potter", nur daß "Harry Potter" wenigstens tatsächlich ein Jugendbuch ist. Ich fand schon als Kind Jugendbuchstil nicht besonders anregend, deshalb las ich lieber Klassiker aus der Bibliothek meines Vaters. Wenn meine Gehirnzellen beim Lesen nicht ein wenig umherspringen und sich an fließender Sprache laben können, bin ich wahnsinnig schnell gelangweilt. Und von diesem Buch finde ich eigentlich nur den Titel gut, eine magere Ausbeute nach fünfzig Seiten.
Ich kann mit Fug und Recht behaupten, daß meine Meinung über Bestsellerlisten ehrlich meiner Wirklichkeit entspricht, während sie anscheinend von vielen anderen nur geäußert wird, um sich in Gesellschaft als besonders unabhängiger und eigenständiger Leser darzustellen. Anders kann ich mir die Diskrepanzen zwischen Meinung und Statistik nicht erklären. (Diese Gerüchte, wie Bestseller angeblich von Verlagen mit unlauteren Methoden "gemacht werden", lasse ich hier mal außen vor, bestärken mich aber darin, mir meine Lektüre nach anderen Gesichtspunkten zu suchen.)
Chutzpe - Di, 20:34

Ich lese doch auch immer Hohlbein, obwohl ich finde, dass sogar ich besser schreiben kann als der - seine Themen interessieren mich halt (nicht alle). Ich gucke zwar die Bestsellerlisten, doch da ist selten was drauf, was mich überhaupt interessiert (gruselig oder so).

Der Autor vom 100-jährigen hat doch bereits einen Nachfolger, der ebenfalls Anklang findet wie blöd.

Da sehe ich lieber was Amazonien mir vorschlägt aufgrund der Bücher, die ich mir ansehe - das trifft dann wenigstens das Thema.

Zum Parfüm kann ich nur sagen, dass ich es nicht gelesen habe, den Film jedoch von Anfang an dermassen traurig und abstossend fand, dass ich damit nie wieder etwas zu tun haben möchte, entschuldigung.

Ich

kann mich erinnern, wie der Anfang vom Film war. Ist wirklich nichts für schwache Nerven, wie insgesamt der Film. Aber wenn jemand etwas sehr abstossend und traurig findet, ist es ja zumindest ein Zeichen, daß es in Menschen irgendetwas berührt. Ob man sich dann darauf einläßt oder nicht, ist eine andere Sache.
Chutzpe - Di, 20:57

Das Schlimmste war für mich die Geburt und zack zurück an den Fischstand - da wars eigentlich schon vorbei.

Ich habe allerdings vor 2 Wochen auch einen Koontz weggelegt, weil ich nach 50 Seiten nur noch geweint habe - wegen einem Hund, einer Frau und 2 Kindern, die von einem Alkoholiker wegzukommen versuchen.
iGing (Gast) - Di, 21:19

Konnten Sie denn mit dem Schluss vom "Parfum" was anfangen? Mir ging es wie Elke Heidenreich - ich glaube, sie war es - die mal sagte, am Schluss fragt man sich, wofür das ganze Buch eigentlich geschrieben wurde.

Ich konnte

sowohl mit dem Anfang, als auch mit dem Ende und mit dem gesamten Buch etwas anfangen. Aber das ist für mich nicht besonders schwer, da für mich am wichtigsten ist, daß ich von einem Buch mitgenommen werde und es gerne lese. Das kann durchaus auch bei Büchern der Fall sein, in denen ein Sinn schwieriger zu finden ist oder die total unsinnig sind. Schließlich mag ich ja auch die Gedichte von Christian Morgenstern. Alleine die atmosphärischen Beschreibungen im Buch und die psychologische Detailgenauigkeit in der Darstellung der Entwicklung eines gestörten Menschen finde ich bewunderungswürdig. Und im Grunde ist doch die Frage, wofür etwas geschaffen wurde, bei aller Kunst die absolut falsche Frage. Sie wird einfach geschaffen. Punkt. Und hat für mindestens einen Menschen auf jeden Fall einen Sinn. Wieviele Menschen daraus ebenfalls etwas für sich ziehen, ist wieder eine ganz andere Frage und eine, deren Antwort auf relativ geheimnisvollen Gesetzen beruht.
iGing - Mi, 20:12

Natürlich sollte man das Buch Buch und den Autor den Autor des Buches sein lassen - das Ende inclusive. Ich sehe also, was ich geschrieben habe, sagt, wie so oft, mehr über mich als Leserin denn über den Roman aus. Denn wenn ich's recht überlege: Was für einen Schluss hätte ich denn akzeptabel gefunden? Keiner hätte gepasst!
Dank Ihrer Einlassung ändere ich tatsächlich meine Einstellung zum Schluss dieses Romans (den ich übrigens bis zum Schluss mit großem Genuss gelesen habe)!

Da schreiben Sie so nebenbei,

Sie hätten das Buch mit großem Genuß gelesen - ja, was kann man sich denn eigentlich noch mehr wünschen? Genuß ist es doch, was man sucht, wenn man einen Roman liest - also zumindest bei mir ist das so. Um so mehr freut mich, daß Sie Ihre Einstellung zum Schluß des Romans nun noch einmal überdacht haben. :-)
g a g a - Di, 22:02

Fünzig Seiten finde ich aber ziemlich tapfer. Meistens merkt man es ja schon bedeutend früher, dass man in keinster Weise gefesselt ist. Brave Tochter, könnte man schreiben. Aber das bist du natürlich nicht, deswegen bloggst du auch solche Sachen, und dafür achte ich dich. Das ist ja besonders schräg, in dem Bereich, für den man brennt, ein "Paradebeispiel" von der Mutter präsentiert zu bekommen. "So muss man schreiben". Mir fällt sofort ein, wie ich immer hochallerisch darauf reagiert habe, wenn mir meine Eltern irgendein Nachbarskind (-Mädchen) als beispielhaftes Vorbild präsentiert haben. Meisten irgendwelche langweiligen braven Töchter mit null Charisma, es sein denn, man hielte überdurchschnittliche Anpassungsfähigkeit für charismatisch. Fuck! Ich merke, ich werde gerade aggressiv.

Ich bin

das ja von meiner Mutter gewöhnt. Als ich noch zur Kunsthochschule sollte, hieß es auch immer - Schau dir das mal an! SO muß man zeichnen! Oder: Das ist richtige Kunst! Damals hatte sie ja viel Erfolg damit, indem ich irgendwann keine Lust mehr hatte, weil ich mich selbst dauernd mit anderen verglich. Ich hoffe mal, ich bin inzwischen gefestigter und lasse mir das Schreiben nicht mehr vermiesen. Irgendwie werde ich auch gerade aggressiv. *gg*
g a g a - Di, 23:02

hey... lass uns eine Selbsthilfegruppe gründen!

ach so - wir haben ja schon eine...! (ich liebe Bloggen)

Bloggen

ist Selbsthilfe für fast alles! Wie praktisch!
Chutzpe - Mi, 00:06

Ich kann euch SO gut verstehen!

Geht eure Wege und seid wie ihr sein möchtet, so lange ihr niemandem schadet, kann es nicht falsch sein, auch nicht, wenn man in den Augen "nur" -was auch immer einsetzen- ist.
Yenta - Mi, 08:11

"Das Parfum" hat mich inhaltlich nicht angesprochen, ich habe es nicht zu Ende gelesen.
"Der Hundertjährige ...." hingegen hat mir gut gefallen. Und das Wort "blümerant" wird mir in diesem Zusammenhang immer im Gedächtnis bleiben.
Der "Büchergeschmack" ist wahrscheinlich wirklich sehr vielschichtig. ;)

Über Geschmäcker

läßt sich mal wieder wie immer streiten. Aber ich spreche in dem Eintrag ja auch nur von mir und für mich war das erneut die Bestätigung, daß ich mit dem Geschmack der meisten anderen nichts anfangen kann. Und daß sich hier so viele zu Worte melden, die mit dem Parfum nichts anfangen können, ist im Grunde der endgültige Beweis dafür, obwohl ich mich dann auch hier ein wenig frage, wie das Buch so auf die Bestsellerliste gelangen konnte. ;o)
montez - Mi, 09:47

Saperlott. Der Hundertjährige war seit Jahren das erste Bestsellerbuch, welches ich kaufte und dann: Mit ganz großem Vergnügen las. Weniger wegen der Sprache sondern wegen des wunderbaren Schalks und der skurilen Fügungen, die sich natürlich weit jenseits der ersten 50 Seiten entfalten. Das zweite werde ich dennoch nicht kaufen. Einmal ist genug auf dem Gebiet. Das Parfüm fand ich so okee, hab aber nie verstanden, warum darum so ein Gedöns gemacht wurde. Hab trotzdem noch den zweiten (einzigen?) Süsskind gelesen, Die Taube, der mir besser gefiel. Aber vielleicht lag es auch am schön gestalteten Umschlag, dass ich mich wohlwollend erinnere.

Soll heissen, ich habe Freundinnen, deren Geschmack (Wohnung, Kleidung, Kunst) ich auf vielen Gebieten teile, unsere gegenseitigen Buchempfehlungen lösen aber regelmäßig ratloses Schulterzucken aus. Und das ist im Freundeskreis in alle Richtungen so. Eine Person kenne ich, deren Buckgeschmack ich ziemlich teile. Ansonsten ist das rätselhaft und unberechenbar. Was wer warum mag. Und ich kenne auch die, die die anderen Bestseller kaufen. Flüchtig, natürlich.

Yenta - Mi, 10:12

Montez, Schwester (Bruder?) im Geiste! ;)

Also

ich habe in den ersten fünfzig Seiten nicht wirklich viel Skurriles gelesen, obwohl ich Skurrilität ja eigentlich mag. Vielleicht bin ich ja da einfach anderes gewöhnt, wie zum Beispiel im Parfum. Aber wie ich schon zu Yentas Kommentar schrieb, über Geschmäcker läßt sich wie immer streiten. Für mich ist es einfach der Beweis, daß es genau so ist, wie ich schrieb: Ich gehe mit dem Geschmack der meisten anderen einfach nicht konform. Im Grunde ärgere ich mich jedes Mal selbst, wenn ich mich mal wieder zu einem hochgehypten Bestseller überreden ließ.

Was ich

noch anmerken möchte: Für mich ist ein guter Sprach-, bzw. Schreibstil im Buch relativ wichtig, da es für mich einen Teil des Vergnügens ausmacht. Ich liebe Bücher, denen man eine Liebe zur Sprache anmerkt. Das ist auch einer der Reize, die "Das Parfum" für mich ausmacht. Schöneres Sprachgefühl habe ich bisher nur bei Nabokovs Texten gespürt.
montez - Mi, 15:47

Wie gesagt, das dauert länger als 50 Seiten, ich fand den Anfang auch etwas zäh. Sprache ist mir ebenfalls sehr wichtig, aber bei einer amüsanten rasanten Geschichte reicht es mir, wenn sie (die Sprache) mich nicht nervt. Den Hundertjährigenhatte ich mir nicht rausgesucht, weil ich mir da sprachlich was erhofft hatte, sondern um mich unterhalten zu lassen, und ärgerlich fand ich das auf dem Gebiet nicht. Ich kann das ganz gut trennen. Zuviel Sprachverliebtheit eines Autors geht mir zunehmend auf die Nerven. Allerdings geht durchaus auch beides zusammen. Bei Tschick zum Beispiel. Auch ein Bestseller.
Namesi (Gast) - Mi, 15:39

Ich bin da wohl eher ein Durchschnittstyp.

Bestsellertypisierung schreckt mich nicht ab, wenn es sich um Themen handelt, die mich interessieren. Mit zunehmendem Alter kann ich aber auch die Sprache in den Büchern schätzen und mache sie mit zum Leseauswahlkriterium. Trotzdem. Vorrangig bleibt das Thema und die dazu entwickelten Ideen. So mag ich Thomas Mann nur im "Zauberberg" und in "Joseph und seine Brüder", nicht aber in den "Buddenbrocks".

Für mich

ist Sprache neben dem Thema ein absolutes Hauptauswahlkriterium. Aber wenn man Sprache liebt und selbst schreibt, muß das wohl so sein. An wohlgesetzten Worten kann ich mich regelrecht berauschen. Deshalb bin ich inzwischen immer mehr dazu übergegangen, Leseproben zu lesen und so zu entscheiden. Erstaunlich, wieviel Bücher dann aus der engeren Wahl fallen. ;o)
Treibgut - Di, 00:31

Die Bücher

... auf den Bestseller-Listen kenne ich meist nicht, weshalb ich mir kein umfassendes Urteil erlauben kann. Aber "Das Parfüm" las ich auch und mir gefiel der Schreibstil und die Atmosphäre, die es vermittelte. Im Film habe ich beides nicht so recht wiedergefunden, und deshalb gefiel er mir auch nicht.

Mir hat

sowohl das Buch als auch der Film, beides auf seine Art, gefallen. Der Film ist natürliche, es war zu erwarten, ziemlich reißerisch, aber ich fühlte mich trotzdem gut unterhalten, wenn auch auf etwas andere Weise als beim Buch.

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