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Donnerstag, 3. Februar 2011

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Früher war ich hoffnungslos romantisch. Ich bin immer noch hoffnungslos romantisch. Früher glaubte ich, die Liebe sei das Wertvollste überhaupt. Ich glaube noch immer, die Liebe sei das Wertvollste überhaupt. Ich erwarte nicht, glücklich zu sein. Ich glaube nicht, dass ich die Liebe finden werde, was auch immer das heißt, und wenn doch, glaube ich nicht, dass sie mich glücklich machen wird. Ich halte die Liebe nicht für die Antwort oder die Lösung. Ich halte die Liebe für eine Naturgewalt-stark wie die Sonne, genauso notwendig, unpersönlich, gigantisch, unmöglich, sengend wie wärmend, Dürre bringend wie Leben spendend. Und wenn er ausgebrannt ist, stirbt der Planet.
Meine kleine Umlaufbahn umringt die Liebe. Ich wage mich nicht näher heran. Ich bin keine Mystikerin, die die letzte Kommunion sucht. Ohne LSF 15 gehe ich nicht vor die Tür. Ich schütze mich.
Aber heute, wo die Sonne überall und alles Feste nichts als sein eigener Schatten ist, weiß ich, dass die wirklichen Dinge im Leben, die Dinge, an die ich mich erinnere, die Dinge, die ich in meinen Händen hin und her wende, keine Häuser sind, keine Bankkonten, keine Preise und Beförderungen. Woran ich mich erinnere, ist die Liebe-die Liebe zu allem-, die Liebe zu diesem staubigen Pfad, diesem Sonnenaufgang, die Liebe zu einem Tag am Fluss, dem Fremden, dem ich im Cafe begegnete. Sogar die Liebe zu mir selbst, wobei das Selbst von allen am schwersten zu lieben ist, denn Liebe und Egoismus sind nicht dasselbe. Egoistisch zu sein ist einfach. Diejenige zu lieben, die ich bin, ist schwer. Kein Wunder, dass ich erstaunt bin, wenn du es tust.

(aus "Der Leuchtturmwärter" von Jeanette Winterson)

Krebsdiäten und mehr

Gut, da sich Leser inzwischen beschweren, daß es bei mir nur noch Zitate gebloggt werden, schreibe ich eben mal wieder darüber, was mich zur Zeit neben Bücherlesen beschäftigt. Da wären ein eskalierender Konflikt mit meiner Mutter, der mich zu neuen Betrachtungen über die Unart des Nichtzuhörens und des penetranten Aufdrückens der eigenen Lebensweise und Vorstellungen auf das Leben anderer anregt. Eventuell folgt noch ein Beitrag dazu oder auch nicht. Dann ist da die nächste bevorstehende Chemo, die zu denkbar schlechten kosmischen und biorhythmischen Bedingungen stattfindet, so daß mir jetzt bereits besonders vor der darauf folgenden Nacht angst und bange ist. Die erste Nacht danach, die halb schlaflos auf der Couch stattfindet, da ich immer an die Leute denke, die im Schlaf an Erbrochenem erstickt sind, weshalb ich kaum wage viel zu schlafen, ist sowieso immer die schlimmste. Die beim nächsten Termin wird wahrscheinlich noch extra speziell. Aber versuche das mal einem Arzt zu erklären. Ich bin mir nicht mal sicher, ob die jemals etwas von Biorhythmus gehört haben. Und wenn man mit Astrologie kommt, denken sie wahrscheinlich, man hat einen Schatten. Also hoffe ich einfach, daß es bei den normalen Unannehmlichkeiten bleibt und nicht wirklich schwerwiegende Komplikationen eintreten. Und dann sind da die Krebsdiäten. Ich glaube, es gibt kaum eine Krankheit, die so weitreichend mit Ernährung in Verbindung gebracht wird. Schon früher habe ich ständig von Nahrungsmitteln gelesen, die angeblich jeder Krebszelle das Garaus machen und mich gewundert, warum trotzdem so viele Leute Krebs bekommen, wenn es doch so einfach ist. Auch ich habe zum Beispiel viel Himbeeren und Broccoli gegessen, esse ich immer noch, allerdings nicht deshalb, sondern weil es mir schmeckt. Und wenn man erkrankt ist, bekommt man schnell jede Menge guter Ratschläge vor allem von Nichtmedizinern. Nun habe ich in den letzten Wochen gegoogelt und recherchiert, um der Sache auf den Grund zu gehen und kam zu folgender Erkenntnis:

- fettreiche Ernährung verursacht Brustkrebs
( http://forum.logi-methode.de/index.php?page=Thread&threadID=6768 )
- eiweißreiche Ernährung verursacht Brustkrebs
( http://forum.logi-methode.de/index.php?page=Thread&threadID=7073 )
- zuviel "schnelle Kohlenhydrate" verursachen Brustkrebs
( http://forum.logi-methode.de/index.php?page=Thread&threadID=9233 )

Es gibt diverse fleisch- und milchproduktelose Diäten, bei denen ich mich aber frage, wo das Vit. D herkommen soll, dessen Mangel neuerdings ebenfalls neben Nachtschichten und Lichtverschmutzung als Verursacher von Krebs gehandelt wird.
Das Komische ist, daß ich Leute kenne, die sich vor ihrer Krebserkrankung super gesund ernährt haben, z. B. eine ehemalige Kollegin. Diese war eine regelrechte Gemüse- und Salatefanatikerin und hat Zucker oder Weißmehl überhaupt nicht angerührt, sowie regelmäßig Fastenkuren gemacht. Hat ihr aber nicht geholfen. Soviel ist allerdings wahr, wenn ich nichts mehr esse, dann sterbe ich nicht an Krebs. Ich glaube, da bleibe ich lieber bei meiner Strategie alles in Maßen und so naturbelassen wie möglich zu essen, falls man bei dioxinverseuchten Eiern und pestizidbelastetem Gemüse davon noch reden kann.

Etwas, das mich weiterhin wundert, ist die völlig vorbehaltlose Begeisterung von Naturheilpraktikern für Einläufe. Für diverse Diäten wird ja oft als Argument die Evolution des Menschen von seinen Anfängen aufgeführt (die Urmenschen, bzw. Primaten hätten z.B. zuerst nur pflanzliche Nahrung zu sich genommen usw.), daher frage ich mich, ob es auch irgendwelche archäologische und anthropologische Erkenntnisse darüber gibt, daß die Urmenschen ihren Kaffee mit dem Darm zu sich genommen haben...

Auffällig ist dagegen, daß viele Krebspatienten mit denen ich gesprochen habe, oft vor der Erkrankung sehr stapaziöse bis hin traumatische Zeiten erlebt haben. Obige Kollegin zum Beispiel hatte drei Jahre zuvor ihren Sohn verloren, der schizophren gewesen ist und sich aus dem Fenster gestürzt hat. In einem Buch über Brustkrebs, das irgendwann einmal in meine Hände gelangt ist, las ich, daß es so etwas wie eine Krebspersönlichkeit gibt, die vom Zweifel am Sinn des Lebens gekennzeichnet ist. Zumindest ich fühle mich da ertappt, denn in den letzten drei Jahren, vielleicht auch in den letzten fünf, jedenfalls während des jahrelangen Leidens meines Vaters vor seinem Tod und den beginnenden permanenten eigenen Schmerzen, die eine permanente Überforderung nach sich zogen, mit dem Gefühl, im gesellschaftlich üblichen hektischen Tagesablauf nicht mehr mithalten zu können, ist mir irgendwo mein Lebenswille abhanden gekommen. Seltsamerweise wird man nie von jemandem danach gefragt. Doch man spürt sehr genau, daß die Krankheit danach fragt. Sie fragt: "Was willst du? Entscheide dich. Jeder Weg steht dir offen." Vielleicht ist Krebs zu einem Teil tatsächlich auch eine Sinnerkrankung, mit einer spirituellen Komponente. Das würde erklären, warum er sich in heutiger Zeit genauso seuchenartig ausbreitet wie der Esoterikmarkt boomt. Und das würde auch erklären, warum selbst Psychologen da nicht unbedingt helfen können (obige Kollegin ist regelmäßig zum Psychologen gegangen). Wenn Weltbilder sich um 180 Grad drehen, braucht es mehr als nur Trauerarbeit. Mir ist nicht nur der Lebenswille abhanden gekommen, sondern mit ihm auch Vertrauen. Durch verschiedene Ereignisse Vertrauen in die Menschen, aber noch viel mehr das Vertrauen in eine höhere Macht. Nicht in der Art, daß ich nicht mehr an deren Existenz glaube, denn das Vorhandensein derselbigen spüre ich weiterhin. Sondern mehr darin, daß sie es tatsächlich so gut mit uns meint, wie man gerne eingeredet bekommt, und nicht etwa gehässig und grausam ist. Es ist schwer, Lebenswillen zu mobilisieren, wenn man von chronischen Schmerzen geplagt wird, die durch die Chemo eher noch schlimmer werden, aber von Ärzten anscheinend als Lapalie betrachtet werden, da ja nicht lebensbedrohlich. Wenn ich an eine Zukunft denke, in der ich den Krebs besiegt habe, sehe ich gleichzeitig eine Zukunft, in der alles so weiter geht wie in den letzten zwei Jahren. Und dann frage ich mich, wozu ich mir das mit der Chemo überhaupt antue. Es wäre einfacher, wenn man etwas hätte, worauf man sich freuen könnte. In dem Monat, in welchem der Krebs rasant gewachsen sein muß bevor ich ihn bemerkte, September 2010, wurde ich von Zukunftsängsten geradezu aufgefressen. Und doch kam es, zumindest vorläufig, ganz anders. Wenn mich jetzt die Schmerzen zu schwarzen Gedanken um meine Zukunft verleiten (und tatsächlich tun dies die Schmerzen mehr als der Krebs - ich hätte es selbst kaum geglaubt), verbiete ich mir diese. Es wäre doch widersinnig die Gegenwart mit Sorgen um meine Zukunft zu verbringen, wenn niemand weiß, was passieren wird und ich in drei Jahren vielleicht schon tot bin. Manchmal wundere ich mich selbst darüber, wie pragmatisch ich in gewissen Situationen sein kann. Und nach all diesem fragt mich niemand. Nicht einmal die engsten Angehörigen wissen und wollen wissen, was in mir vorgeht. Es dreht sich alles um das K und niemanden interessiert es, was dahinter steht oder daneben vorgeht. Man bekommt gesagt, man solle stark sein und durchhalten, aber niemand fragt, ob man das wirklich möchte und einen Sinn darin sieht. Vielleicht weil ein "Ich weiß nicht." auch den Lebenssinn des Fragers einer Justierung unterwerfen würde. Es ist wie beim Arzt, wo meistens nur an einzelnen Symptomen herumgedoktert wird, den Lieblingssymptomen, während andere unter den Tisch fallen gelassen werden, weil es bequemer ist und ein Gesamtbild überfordert. Aber hier schreibe ich es und fordere heraus - aber hoffentlich nicht zu guten Ratschlägen und Durchhalteparolen, sondern zum Nachdenken.

Traumsplitter

Zur Blutbildkontrolle vor der nächsten Chemo muß ich diesmal in ein vom Aussehen gleiches, aber ansonsten anderes Haus, wo ein Mann die Ärztesprechstunde durchführt.

Straßen in meinem Kiez, die jeweils von anderen blühenden Blumen durchzogen sind. In einer Straße zum Beispiel blüht roter Mohn, in einer anderen eine baumartige Pflanze, mit hellblauen traubenförmigen Blüten.